Rezension

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Tränenreich und regt zum Nachdenken an

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 5 Sternen

Für mich, die normalerweise dieses Genre meidet war es eine Premiere. Meine große Leidenschaft sind die Thriller und ab und zu gibt es Ausflüge in die Welt der erotischen Literatur, auch die ein oder andere Biographie verirrt sich schon mal. Aber Dramen oder solche Romane? Ich habe echt gedacht das ist nichts für mich. Doch ich wollte unbedingt wissen, warum so ein Hype um dieses Buch gemacht wird. 

Was soll ich sagen? Hammergeil! Ich habe es noch nicht erlebt, dass man auch von einem Roman gefesselt ein kann, der nicht im Thriller oder Krimigenre zu Hause ist. "Ein ganzes halbes Jahr" ein Buch das alles bietet was eine gute Story aus macht. Liebe, Verzweiflung voller Gefühl. Was tut man, wenn man ein sportlich sehr aktiv war? Wenn dein Leben sich mit einem lauten Knall von jetzt auf gleich komplett verändert? Man fällt in ein tiefes Loch, stößt jeden von sich die einem lieb sind.

Du kannst dich nicht bewegen, deinem Partner nicht mehr das schenken was er viellicht gerne hätte. Du vergraulst die Menschen, die du liebst um ihnen Leid zu ersparen. Doch ist das immer der richtige Weg? Will stellt sich diese Frage nicht mehr. Er hat eine Entscheidung für sein Leben getroffen und niemand kann ihn davon abbringen. Oder doch? Was will Lou von ihm? Die junge Frau lässt ihn aufblühen, und sie bringt ihn dazu Dinge zu tun, die er vorher nicht getan hätte. Und dann? Ja, sie verliebt sich in ihn...und auch als Leser ist man immer wieder hin und hergerissen. Will ist mal eklig zu ihr wo man sich denkt "Gott, Junge ich könnte dich erwürgen", dann wieder ist er so wundervoll zu ihr das einem dieses wunderschöne Gefühl so berührt das man eine Gänsehaut bekommt.

Wenn man so liest, welche Hürden Will alle als Schwerbehinderter überwinden muss, fragt man sich warum die Gesellschaft noch immer so intolerant ist. 

Dieses Buch regt zum Nachdenken an, ich habe einiges besser verstanden und glaube das sich einiges ändern muss. Warum muss man eine Notlüge erfinden, um Hilfe zu bekommen? (Ich denke da an die Szene, wo der Rollstuhl im aufgeweichten Rasen stecken bleibt.) Warum kann man nicht offener mit Behinderungen umgehen? Warum versuchen wir nicht zu verstehen warum diejenigen, die so gehandicapt sind manchmal ans Sterben denken? 

Man sollte offener mit diesem Thema umgehen. Ich habe bei diesem Buch geweint und ich schäme mich nicht dies zu schreiben. Ich habe in den vergangenen Jahren meine Eltern und Freunde und Verwandte verloren. Habe einen Elternteil gepflegt und oft habe ich gehört "Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr leben." Diese Worte von der Mutter zu hören ist hart, sehr hart. Ich habe ihr immer wieder gesagt, dass sie so nicht reden darf. Sie muss leben das sie noch so viel machen kann, wenn sie nur will. Sie wollte, aber ihr fehlte die Kraft dazu. Heute sehe ich alles ein wenig anders...und beim Lesen dieses wundervollen Buches habe ich oft an sie gedacht. Sie war nicht so jung wie Will aber auch noch nicht zu alt...gerade mal 49.