Rezension

Traurig und herzzerreißend

doppeltot
von Gideon Samson

Bewertet mit 5 Sternen

Inhaltsangabe: "Grenzenlose Freundschaft. Rifka und Düveke sind
beste Freundinnen. Rifka hat das Sagen und immer wieder schräge
Ideen. Düveke imponiert das, es ist aufregend und schweißt die
beiden noch enger zusammen. Der neueste Coup: Rifka will an
ihrer eigenen Beerdigung teilnehmen – quicklebendig. Sie
überredet Düveke, eine Entführung vorzutäuschen und ihr Versteck,
Kleidung und Essen zu besorgen. Doch die Sache läuft aus dem Ruder."

Seiten: 220
Titel: 4/5
Cover: 1/5
Inhalt: 5/5
Schreibstil: 5/5
Charaktere: 3,5/5

Das Buch "Doppeltot" von Gideon Samson hat mich sehr geschockt
und mitgenommen. Es hat einen anderen Verlauf angenommen, als ich
vorher in Betracht gezogen habe und mich haben viele Stellen sehr
berührt. Bevor ich aber näher darauf eingehen werde, vorerst ein
paar oberflächlichere Fakten:

- Ich fand die Aufteilung von dem Buch sehr gut. Die Teile
waren in die Kategorien "Davor", "Danach" und "Währenddessen"
gegliedert und jeder Teil wurde aus der Sicht einer anderen Person
beschrieben, was super war, weil man so die Gedanken und Gefühle
vieler näher betrachten konnte. Nicht nur, dass es drei verschiedene
Personen waren, es gab auch sprachlich drei verschiedene Sichten.
So wurde Düvekes Teil, "Davor" in der Ich-Perspektive verfasst,
währenddessen Oliviers Teil "Danach" in der dritten Person ("er)
geschrieben wurde. Rifkas Teil "Währenddessen" ist aus der
Du-Perspektive, was ziemlich genial ist, da man so noch mehr
im Geschehen involviert wird. Außerdem ist diese
Erzählperspektive relativ selten. (Beispiel: "Du könntest jetzt
aufstehen, aber du bleibst sitzen.")

- Was ich noch so gut fand, ist dass Oliviers Teil keine
Kapitelnamen hat, sondern nur in "Erstes Kapitel", "Zweites
Kapitel" usw. unterteilt ist. In Teil 1 und 3 tragen die
unterschiedlichen Kapitel verschiedene Namen.

- Eine Sache, die ich so vorher auch noch nie gesehen habe,
fand ich ganz toll. In Oliviers Teil fällt einmal der Wortlaut
"(...) das schwärzeste Kapitel seines Lebens (...)" und die
darauffolgende Seite ist einfach komplett schwarz. Das hat diesem
kleinen Satz sehr viel Ausdruck verliehen, weil das Kapitel danach
in der Tat sehr schwarz war.

Als nächstes folgen ein paar Zitate aus dem Buch, welche mir
persönlich sehr gefallen haben:

"Das also ist es, was man Liebe nennt, dachte er. Dass das Glück
eines anderen dir wichtiger ist als dein eigenes."
(S. 140)

"Es musste ein Wort geben für Momente, in denen Begriffe wie
"Trauer", "Leid" und "Schmerz" viel zu klein und unbeholfen
klingen."
(S. 142)

Nun folgen ein paar meiner Gedanken und Gefühle, welche
ich beim lesen hatte. Da ihr hierbei möglicherweise
gespoilert werden könnt, nur weiterlesen, wenn euch
das nichts ausmacht:

- Im ersten Teil hat man das Gefühl Düveke und Rifka
sind unzertrennlich und die besten Freundinnen der Welt.
Ich war kurzzeitig sogar etwas neidisch, weil ich mir
auch so eine Freundschaft gewünscht habe. Im letzten Teil
löst sich dann alles Positive in Luft auf, da man nun
auch Rifkas Sicht kennt und erfährt, dass diese Düveke
niemals mochte und lediglich dafür benutzt hat, um
an ihren großen Bruder Olivier heranzukommen. Es tut
einem vor allem deshalb im Herzen weh, weil Düveke
so viel für Rifka riskiert. Ich kann mich auch deshalb
so gut in die Sache einfinden, weil ich ein bisschen so wie
Düveke bin. Düveke ist die unsichere und ängstlichere
von beiden und wird deshalb von Rifka als dumm und
uneigenständig betitelt.
Düveke riskiert so viel für Rifka und tut alles was
diese verlangt, weil sie denkt, sie sind beste
Freundinnen. Es ist heftig wie sich Düveke
in dem Buch verwandelt, von dem unschuldigen, süßen,
unsicheren 12 Jährigen Mädchen, zu dem, was sie
letztendlich wird.
Was ich nicht nachvollziehen kann ist, warum Düveke
immer noch zu Rfika hält, obwohl diese irgendwann
zeigt, dass sie keine Freundinnen mehr sind.
Rifka schickt ihr eine Nachricht und fügt als letzten
Satz "Du bist eine Schlampe" hinzu. Wieso fährt
Düveke trotzdem zu ihr? Sie wurde grundlos beleidigt
und sollte langsam einsehen, dass sie von
Rifka nur benutzt wird. Ich hätte gerne gewusst, was
Düveke gedacht hat, als sie diese bösen Nachrichten
gelesen hat. Da sie in Rifkas Teil verschickt wurden,
hat man nur Düvekes Antwort lesen können, nicht mehr
ihre Gedanken. War sie traurig oder bereits dort
voller Wut und Hass? Hat sie schnell begriffen,
dass sie und Rifka niemals Freundinnen waren?
Das Ende hat mich natürlich auch unglaublich geschockt.
Ich finde es einerseits unglaublich süß, was
Olivier auf sich nimmt, nur weil er seine Schwester so
sehr liebt, zum anderen ist es so schrecklich, weil
ich Olivier echt mochte und er gerade so glücklich
mit Ilona war und nun alles in Scherben liegt.