Rezension

Trotz einiger Schwächen, ein lesenswerter Thriller

Mädchentod - Julia Heaberlin

Mädchentod
von Julia Heaberlin

Bewertet mit 4 Sternen

INHALT:
Kurz vor ihrem 17. Geburtstag wurde Tessa Cartwright halb begraben auf einem Feld in Texas gefunden – inmitten menschlicher Gebeine, kaum am Leben und ohne Erinnerung an ihre Entführung. Als einzige Überlebende eines Serienkillers gelangte sie zu zweifelhaftem Ruhm. Ihr Peiniger wurde schließlich gefasst. Knapp zwei Jahrzehnte sind seitdem vergangen – doch plötzlich erhält Tessa verstörende Nachrichten. Nachrichten, die nur vom Täter kommen können. Sitzt ein Unschuldiger in Haft? Will der Mörder sein Werk vollenden? Tessa muss die Wahrheit finden – und schneller sein als der Killer.

MEINUNG:
Man wird relativ unsanft mitten in die Handlung hinein geworfen. Es fehlen hier zunächst eine Menge Erklärungen, die sich erst nach und nach erschließen oder auch gänzlich aus bleiben. Da ich zu den Leuten gehöre, die den Klappentext meistens gar nicht oder nur flüchtig lesen, bin ich auch immer wieder über die Schwarzköpfigen Susannen bzw. Susannen gestolpert und wusste nicht so recht was damit gemeint ist…bis ich es gegoogelt habe. Auch der Schreibstil von Julia Heaberlin machte es mir deutlich schwerer als sonst bei anderen Thrillern in die Geschichte rein zu kommen. Ich möchte nicht sagen, dass ich mich gequält habe, aber es war vergleichsweise wirklich anstrengend. Die Autorin benutzt viele Metaphern und man muss auch ein wenig geübt sein zwischen den Zeilen lesen zu können. Leider ist auch bis zur Mitte ein etwas längerer Atem notwendig, da das Buch bis dahin nur wenig Spannung aufweist. Trotzdem schaffte es die Autorin, dass ich weiter lesen wollte.

Geschickt streut Julia Heaberlin immer wieder kleine Hinweise ein und ab der zweiten Hälfte endet so gut wie jedes Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger. Da das Buch sich in den Kapiteln immer zwischen der Tessa aus der Gegenwart und der 17-jährigen Tessie aus der Vergangenheit abwechselt, wollte ich natürlich immer weiter lesen. Spannung wird auch durch die Länge der Kapitel erzeugt, die in besonderen Schlüsselsituation gemeinerweise auch mal nur aus ein paar Sätzen bestehen können. Das Spiel mit dem Erzählperspektiven und den Längen hat mir sehr gut gefallen und sorgt für nötige Spannung in der zweiten Hälfte.
Was in diesem Thriller allerdings fehlte, ist die genaue Beschreibung des Tathergangs. Immer wieder werden Fragmente eingestreut, aber nach Beenden des Buches kann ich nicht genau sagen, wie es dazu gekommen ist, dass Tessa in dem Grab gelandet ist. Das bleibt ein Stück weit der Fantasie des Lesers überlassen. Den Tatbestand muss man von Anfang an als gegeben hinnehmen. Das ist ungewöhnlich und ich weiß nicht so recht, ob ich das gut oder schlecht finden soll.

Das Buch lebt von seiner Hauptprotagonistin Tessa, die für mich auch der tragende Punkt gewesen ist, warum ich das Buch trotz aller bereits aufgezählten Kritikpunkte wirklich gerne mochte. Ich fand es besonders interessant, wie sie sich nach dem Vorfall als jugendliche Tessie verhalten hat und zwar mit überraschend messerscharfen Verstand. Die erwachsene Tessie führt trotz allem, was passiert ist, ein relativ normales Leben mit ihrer jugendlichen Tochter Charlie. Die Beziehung der beiden hat mich ein bisschen an die Gilmore Girls erinnert. Natürlich ist sie durch die Nachrichten, die nur vom Täter sein können, stark verunsichert und fühlt sich noch unsicherer in ihren eigenen vier Wänden. Auch die kleine Liebesgeschichte am Rand hat mir ausnahmsweise sehr zu gesagt. In der Regel finde ich diese eher störend in Thrillern, wenn sie so einen großen Raum einnehmen oder im Rahmen der Handlung einfach unangebracht sind.
Bevor ich einen Thriller lese, schaue ich immer, welchen beruflichen Background der Autor/ die Autorin hat. Grundsätzlich bin ich immer skeptisch, wenn diese nicht „vom Fach“ sind, wie es auch bei Julia Heaberlin der Fall ist. Mädchentod zeichnet sich aber durch eine sehr gute Recherche der Autorin aus. Ich bin großer Fan von Forensik und das bekommt man hier während des gesamten Romans geliefert. Außerdem bekommt man einen interessanten Einblick in die Arbeit von Anwälten und Psychologen. Man merkt beim Lesen nicht, dass die Autorin Laie ist. Auch das Thema Todesstrafe wird eingehend beleuchtet und lädt dazu ein, sich selbst einmal zu seinem eigenen Standpunkt dazu Gedanken diesbezüglich zu machen.

Während des Lesens habe ich auch so einige Theorien entwickelt, wer der Mörder sein könnte, aber damit lag ich auf dem Holzweg und am Ende war es doch ganz anders. Das Ende ist sehr lange nicht vorhersehbar. Die Autorin spielt mit dem Leser und lockt ihn auf falsche Fährten, wodurch man vom wahren Täter schnell abgelenkt wird. Der Roman wird auch mit Gone Girl verglichen, aber das halte für nicht ganz so passend. Es gibt allerdings eine Person, die vergleichbar mit Amy wäre. Sie spielt aber bis zum Schluss nur eine neben geordnete Rolle bis sie sich als Schlüsselperson entpuppt.

FAZIT:
Ich habe relativ viele Kritikpunkte aufgezählt, die den Anschein erwecken könnten, dass mir das Buch nicht gefallen hat, aber dem ist nicht so. Ich habe das Buch trotz des schweren Einstiegs und dem mit wenig mit Spannung behafteten ersten Teil wirklich gemocht. Das lag vor allem an der Protagonistin Tessa/ Tessie, der guten Recherche, vor allem im Bereich der Forensik, und dem gutem Mix, den der Thriller bietet. Ich werde Julia Heaberlin im Auge behalten und bin gespannt auf ihre nächsten Romane.