Rezension

Trotz kleiner Startschwierigkeiten auf ganzer Linie überzeugend

Diabolic - S. J. Kincaid

Diabolic
von S. J. Kincaid

Bewertet mit 5 Sternen

Der Klappentext von „Diabolic – vom Zorn geküsst“ hatte mich auf Anhieb neugierig gemacht. Ich liebe Jugendbücher mit Science Fiction-Elementen und war daher gespannt auf die Umsetzung. Die Autorin S.J. Kincaid konnte mich mit diesem Buch auf ganzer Linie überzeugen. Der Einstieg war etwas schwierig, aber nach ein paar Seiten hat mich die Geschichte nicht mehr losgelassen.

Nemesis ist eine Diabolic, eine vom Menschen geschaffene Kampfmaschine. Nach ihrem Kauf durch eine einflussreiche Familie wurde sie auf das Mädchen Sidonia geprägt. Von diesem Zeitpunkt an ist Nemesis gesamtes Denken ausschließlich auf das Überleben von Sidonia ausgerichtet. Um sie zu schützen reist Nemesis an den Imperialen Kaiserhof. Dort trifft sie in einer Welt voller Lügen, Geheimnisse und Intrigen auf Tyros, den Thronfolger des Imperiums. Obwohl die Diabolic keine Liebe empfinden kann, beginnt sie sich zu verändern. Doch an einem Ort wie dem Imperialen Kaiserhof kann schon ein kleiner Funken Menschlichkeit für eine Diabolic zur tödlichen Gefahr werden.

Der Einstieg in das Buch ist mir zugegebenermaßen etwas schwerer gefallen als sonst. Der Schreibstil von S.J. Kincaid ist flüssig und angenehm zu lesen, aber man stolpert immer wieder über fremde Begriffe, die man erst verinnerlichen muss. Zudem war Nemesis als Protagonistin für mich eine kleine Herausforderung, da man zu Beginn nicht gut mit ihr mitfühlen kann. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, anhand von Nemesis Gedanken den Menschen klar von einem Diabolic abzugrenzen. Man merkt deutlich, dass Nemesis teilweise strukturiert und gradlinig denkt wie eine Maschine. Alle ihre Gedanken sind auf das Töten von potenziellen Feinden ausgerichtet. Jede einzelne Situation wird analysiert und eine passende Tötungsmethode eruiert. Ein falscher Satz kann schon ausreichen, um in den Augen eines ausgebildeten Diabolics zu einer potenziellen Gefahr zu werden, die schnellstens eliminiert werden muss. Auf der einen Seite haben mich die Gedanken von Nemesis erschreckt, auf der anderen Seite liegt in der Darstellung der Protagonistin auch der Reiz des Buches. Ich habe gespannt verfolgt, ob Nemesis über ihren Schatten springen kann oder ob ihre Ausbildung und die Prägung die Oberhand behalten. Der Thronfolger Tyros wirkt im Vergleich zu Nemesis auf den ersten Blick recht blass. Er bleibt längere Zeit undurchschaubar und man ist sich nie sicher, auf welcher Seite er steht. Erst nach und nach offenbart sich sein wahrer Charakter, wodurch unterschwellig Spannung aufgebaut wird.

Am Anfang braucht die Geschichte viel Raum um sich zu entfalten. Vordergründig geht es darum, die Natur eines Diabolics zu verstehen. Man erfährt, wie Nemesis ausgebildet wurde und wie eingeschränkt sie in ihrer Denkweise und ihrem Leben ist. Mit der Ankunft am Imperialen Kaiserhof nimmt die Geschichte an Fahrt auf und wird im letzten Viertel regelrecht rasant. Eine Intrige folgt der anderen und Nemesis muss um ihr Leben fürchten, das in den Augen eines Menschen nichts wert ist. Ab der Hälfte des Buches war ich vollkommen in der Geschichte abgetaucht und habe in einem Rutsch bis zum Ende durchgelesen. Auch der Weltenentwurf hat mir unheimlich gut gefallen. Die Autorin hat ein gutes Maß an Science Fiction-Elementen gefunden, ohne dabei ausschweifend zu werden. Das Leben am Imperialen Kaiserhof ist geprägt von Machtspielen und Intrigen. Es geht teilweise recht brutal zur Sache. Der Aspekt des Tötens ist ein wichtiger Grundpfeiler dieses Buches, da das Ermorden von Feinden Nemesis Lebensaufgabe ist. Für Romantik und Liebe bleibt wenig Raum. Die Liebesgeschichte würde ich als dezent bezeichnen. Das Buch ist abgeschlossen, bietet aber durchaus noch Potenzial für einen Folgeband. Obwohl mir der Einstieg in die Geschichte nicht ganz so leicht gefallen ist, konnte mich das Buch in allen anderen Punkten - ganz besonders im Hinblick auf die Protagonistin - auf ganzer Linie überzeugen.

Fazit: Die Autorin S.J. Kincaid konnte mich mit „Diabolic – Vom Zorn geküsst“ trotz eines schwierigen Starts auf ganzer Linie überzeugen. Nemesis ist eine unheimlich starke und faszinierende Protagonistin, die durch ihre Andersartigkeit polarisiert. Sie hat mich auf der einen Seite fasziniert, dann aber in bestimmten Momenten auch schockiert. Die Autorin verbindet eine grausame Welt voller Intrigen, Machtspiele und Brutalität mit einer zarten, frisch aufkeimenden Liebesgeschichte.