Rezension

trotz seiner ruhigeren Gangart durchaus interessant, fesselnd und tiefgründig

Der gefährlichste Ort der Welt - Lindsey Lee Johnson

Der gefährlichste Ort der Welt
von Lindsey Lee Johnson

Bewertet mit 4 Sternen

Zitate:

"In diesem Moment sah es tatsächlich so aus, als ob der winzige Vogel fliegen könnte - hinaus aus diesem stickigen Zimmer, dieser Schule, dieser Stadt, auf und davon." Seite 28

"Sie hatte das Ganze in Gang gesetzt, aber jetzt wurde sie nur noch mitgeschleift." Seite 43

"Das war Mill Valley: Ein Traum, erdacht, um Achtjährige glücklich zu machen." Seite 125

Meinung:

Mill Valley ist eine beschauliche, idyllische Kleinstadt ohne nennenswerte Kriminalität. Keine Morde oder Vergewaltigungen, hier sind die Kinder sicher! Oder sollten es zumindest sein... 
Denn auch an einem wunderschönen Fleckchen Erde, an dem nur die Erfolgreichsten und Reichsten wohnen, sind sie der größten Gefahr dennoch ausgesetzt: sich selbst!

Die Geschichte beginnt mit einem verliebten Achtklässler, der einen folgenschweren Fehler begeht. Er offenbart seine Liebe in einem Brief, der in die falschen Hände gerät. Der daraus resultierende Facebook-Shitstorm treibt den Jungen, der zuvor schon ein Außenseiter war, in den Selbstmord. Bereits hier wird dem Leser vor Augen geführt, dass selbst "der schönste Ort der Welt" seine dunklen Seiten hat.

Die Art und Weise wie die Autorin die Geschichte erzählt, hat mich wirklich beeindruckt. Sie wählt keinen Hauptcharakter oder Ähnliches, sondern erzählt die Geschichte zwar fortlaufend, jedoch jedes Kapitel, jeden Zeitabschnitt, aus einer anderen Perspektive der neun Personen. Zum Einen enstehen dadurch tiefe Einblicke in die einzelnen Jugendlichen, ihre Ängste, Hoffnungen, Dämonen sowie Beweggründe, zum Anderen erwächst daraus ein rundes und stimmiges Bild. Ein Bild voller Abgründe aber auch Lichtblicke, das uns einen Blick HINTER die Fassaden ermöglicht. So erging es mir nicht selten so, dass ich z.B. plötzlich Mitleid mit einer Person empfand, die ich vorher eigentlich nur schrecklich empfand. So einen Blick sollten wir viel öfter riskieren!

Bevor man das Buch aufschlägt sollte man vielleicht wissen, dass es sich hierbei weder um einen actiongeladenen Blockbuster, noch einen nervenzerfetzenden Thriller handelt. Es ist weder so, dass ein Ereignis das nächste jagt, noch zerfetzen sich diese Teenager auf Grund von Intrigen oder ähnlichem. 
Alles in allem handelt es sich eher um eine ruhige Story mit mehr oder minder "normalen" Teenagern, wie sie vermutlich fast überall zu finden sind. Ich denke (hoffe!), dass vielen Kindern und Jugendlichen heutzutage gar nicht bewusst ist, welchen Schaden sie über die sozialen Netzwerke, aber auch mit anderen Dingen (thematisiert werden im Buch vielerlei Dinge wie Drogen, Betrug, usw., nicht nur soz. Medien), die im ungünstigsten Fall extrem gefährlich werden können, anrichten können. 
STOPP! Streicht bitte das "heutzutage", denn ich kann mich sehr wohl erinnern, dass es Hänseleien, öffentliche Demütigungen, usw., schon lange vor Facebook gab... Je länger man darüber nachdenkt, desto trauriger wird das Ganze, oder?

Alles in allem empfinde ich "Der gefährlichste Ort der Welt" trotz seiner ruhigeren Gangart als durchgehend interessant und fesselnd. Darüber hinaus ist die Geschichte tiefgründig, regt zum Nachdenken an und ist für mich somit alleine schon deshalb lesenswert!