Rezension

Typisch Kuttner

180 Grad Meer
von Sarah Kuttner

Bewertet mit 4 Sternen

Wer Kuttners Romane kennt weiß, dass es immer eine etwas sperrige weibliche Hauptcharakterin gibt, die vor einer Veränderung im Leben steht. Hier ist das Jule, die sich seit sie denken kann um ihre depressive Mutter kümmern musste, zu ihrem Vater kaum Kontakt hat und deren Beziehung durch ihre Wut, ihre Selbstvorwürfe und Unzufriedenheit kurz vor dem Aus steht. Gerade die Begegnung mit ihrem Vater fand ich sehr treffend Beschrieben. Die plötzliche eigene Unzulänglichkeit. Angst vor den Ansprüchen des andern. Die Sprachlosigkeit, die Wut und all das Unausgesprochene. Ich hätte mir allerdings einen größeren Fokus auf ihre Mutter gewünscht. Jules Probleme mit ihr werden nur am Rande berührt und ihre Mutter eher für die witzigen Momente „benutzt“.

Auch wenn die Story zwischendurch ein bisschen Ereignisarm daherkommt, fand ich das Ende sehr (be)rührend und stimmig. Insgesamt darf man aber keine klassische Happy-Ever-After-Geschichte erwarten. Und natürlich keine glatte, nette, liebliche Hauptcharakterin. Ich finde die Berliener Schnauze und das Mürrische, das Jules hat aber gerade interessant. Die Mischung aus traurig und lustig ist bei 180° Meer insgesamt gut gelungen. Bei Jules Charakter genauso wie bei der Story an sich.

Kuttners gewohnt hippe aber tatsächlich auch authentische Sprache mag ich gerne. Einige Sätze Jules haben mich herzlich zum lachen gebracht. Allerdings darf man keine Abneigung gegen Anglizismen haben.

Wer Kuttners Vorgängerromane mochte, wird auch von diesem nicht enttäuscht werden. 180° Meer bietet eine gewohnt schöne Mischung aus Ernsthaftigkeit und Witz und einen lockeren Ton, der ganz fix durchs Buch trägt.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 20. August 2017 um 22:29

Danke Minzi. Kuttner brauch ich also nicht ;-).

katzenminze kommentierte am 20. August 2017 um 22:31

Nein, das dachte ich mir. ;)