Rezension

Über das Erinnern und Vergessen

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm - Selja Ahava

Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
von Selja Ahava

Bewertet mit 5 Sternen

"Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm" erzählt aus Annas Leben, bunt wie ein Flickenteppich, mal schön und glücklich und mal alles andere als das... Immer wieder gibt es Zeitsprünge und langsam setzt sich ein Puzzle zusammen von einer Frau, die am liebsten die glücklichen Zeiten mit ihrer großen Liebe Anttii zurückholen und festhalten möchte. Ihr Ehemann Anttii wurde vor Jahren bei einem Unfall durch einen Geisterfahrer getötet und seitdem braucht Anna ihn und viele(s) mehr um mit ihrem Schmerz leben zu können...Was vergißt sie und an was will sie sich überhaupt nicht mehr erinnern? Ihr Zustand verschlechtert sich, sie lebt in ihrer eigenen Welt... und das hat Konsequenzen...

Die vielen Zeitsprünge haben mir sehr gut gefallen; ich erinnere mich auch nicht chonologisch, sondern ebenfalls spontan. Durch dieses stilistische Mittel konnte die Autorin noch viel genauer Annas Zerrissenheit aufzeigen, ihre ständige Suche nach dem damals erlebten Glück, ihren Schmerz darüber, daß ihr das Wichtigste im Leben abhanden gekommen ist.
Für mich spielt es genaugenommen keine Rolle, ob Anna depressiv, dement oder... ist - auf jeden Fall braucht sie ihre Phantasien um den Schmerz zu ertragen. Und wer könnte das, wenn auch nur im Kleinen, nicht genau nachempfinden?

Ich empfand die Sprache dieses Romans als ausgesprochen einfühlsam,  manchmal schon als poetisch. Immer wieder fielen mir wunderschöne Sätze oder Einsichten auf, die mich beeindruckten. Vieles machte mich nachdenklich... auch darüber, was mich im Alter erwarten könnte...

Fazit: ein wunderschöner Roman über das Erinnern und Vergessen, über notwendige Tagträumerein oder Phantasien, darüber wie sich die eigene Wahrnehmung verändern kann.

Meine Leseempfehlung!