Rezension

Überraschend detailreiche Familiengeschichte mit bestechend starken Frauen

Das Geisterhaus - Isabel Allende

Das Geisterhaus
von Isabel Allende

Bewertet mit 4 Sternen

Irgendwie hat mich diese Geschichte überrascht. Sie war magischer, ernster, fantasievoller und lustiger als ich gedacht hatte. Das lustige liegt im Detail und wirkt erst durch den relativ ernsten Ton in dem Allende die Familiengeschichte des Patriarchen Esteban Trueba und der del Valle Frauen erzählt.

Von Hauptcharakteren lässt sich hier schwer sprechen, weil selbst Nebenfiguren wie der etwas verrückte Onkel mit all seinen ethnologischen Schätzen oder die alte Nana immer wieder auftauchen oder Details an sie erinnern. Das gibt dem Roman eine wunderbare Tiefe. Man fühlt sich sehr zugehörig zur Familie, da man das Gefühl hat all die kleinen internen Geschichten und Anekdoten selbst zu kennen. Dabei ziehen diese Detail die Geschichte nicht in die Länge. Alles wirkt stimmig. Der ein oder andere Satz mag etwas sperrig sein, mich hat das aber insgesamt nicht gestört.

Bei der Umsetzung fand ich es gut, dass hin und wieder Esteban Trueba selbst zu Wort kommt. Der Gegensatz zwischen seinem realen Verhalten und dem wie er sich selbst sieht ist fast schon lustig. Indem sie ihn selbst zu Wort kommen lässt, schafft es Allende aber tatsächlich diesen jähzornigen Griesgram sympathischer zu machen. Denn seine Gedanken sind weitaus netter als es den Anschein haben mag. Auch gibt Allende immer wieder Ausblicke in die Zukunft ihrer Charaktere. Erstaunlicherweise nimmt das aber keineswegs die Spannung aus der Geschichte. Vielmehr hat man ein Aha-Erlebnis, wenn das Ereignis dann tatsächlich eintritt. Auf jeden Fall lebt Das Geisterhaus durch seine speziellen, mit viel Liebe gezeichneten und durchweg interessanten Charaktere und das ständige auf und ab ihrer bewegten Leben. Das sind zumeist starke Frauen, die alle in einer Beziehung zu Esteban Trueba stehen. In Teilen war ich erstaunt über die Brutalitäten die Allende schildert. Gerade das letzte Viertel war härter als der Rest. Allende schafft es aber bei allem Ernst nie schwermütig zu werden. Aufgeben ist ein Wort, das in diesem Roman niemand kennt.

Das Geisterhaus ist insgesamt ein Roman, der einen mitnimmt auf eine überraschende Reise durch das Leben von drei Generationen del Valle-Frauen. Dabei steckt er so voller Details, so voller Leben, dass es jeder Inhaltsangabe spottet. Also am besten einfach loslesen und auf Entdeckungsreise gehen!

Kommentare

wandagreen kommentierte am 14. April 2017 um 19:17

Schön geschriebene Erinnerung, Minzi!

Naibenak kommentierte am 14. April 2017 um 21:36

Tolle Rezi! :-) bei mir ist es schon sooo lange her, ich weiß aber, dass ich total fasziniert war! Hab's mir letztes Jahr gekauft, um es beizeiten ein zweites Mal zu lesen ;-)

LySch kommentierte am 18. April 2017 um 17:06

Oh, diese Rezi macht mich auch sehr neugierig auf das Buch! Super! :)
Ich trau mich immer (abgeschreckt durch meinen Deutsch-Lehrer) nicht so richtig an die "Klassiker" ran...aber man sollte es doch einfach wagen sagt deine Rezi ;) :)

katzenminze kommentierte am 18. April 2017 um 17:27

Genau! Wag es! :) :) Irgendwie ist das hier aber gar nicht soo ein Klassiker für mich. Sie lebt ja auch noch. X) Die meisten Klassiker, die ich bisher gelesen habe, haben mir aber tatsächlich besser gefallen als gedacht. Vor allem die englischen Ladies Austen und Bronte. <3

Naibenak kommentierte am 18. April 2017 um 17:34

Minzi...ich lese ja auch gerade einen englischen Klassiker: Thomas Hardy. Kann nur sagen: suuuuuuper! :-)))

Und stimmt, das Geisterhaus erschien etwa, als ich  16 war oder so ;) Das ist also noch nicht so richtig als Klassiker zu bezeichnen.

LySch kommentierte am 18. April 2017 um 18:00

Da habt ihr beiden Recht - es ist noch kein wirklicher Klassiker in dem Sinne ;)

Austen und Bronte möchte ich auch unbedingt noch lesen! :)

Man darf bei den vielen "Klassikern" auch nie vergessen, dass die meisten Autoren dieser Bücher ja gerade fürs allgemeine Publikum geschrieben haben - und eben nicht nur für die Elite ;) Aber oft kann ich mich doch nicht durchringen...^^ Vielleicht gründen wir ja mal einen Klassiker-Lese-Club oder so ^^