Rezension

Überschätzte Liebe?

Liebe wird überschätzt
von Valeria Parrella

Bewertet mit 2.5 Sternen

Leise kommen sie daher, die acht Erzählungen von Valeria Parrella aus dem Band „Liebe wird überschätzt„. Sie treiben dahin ohne viel Wellengang. Kurze Momente nimmt sich die italienische Autorin heraus, die Ausgangspunkt ihrer Erzählungen sind. Ihre Figuren müssen nicht viel reden, da alles schon gesagt ist.

Am schwungvollsten ist noch die erste Geschichte, wenn die Tochter ihren Eltern an den Kopf wirft, dass sie natürlich von der Affäre ihrer Mutter weiß. „Ihr habt die Luft mit Zeichen verstopft“, wirft sie ihren Eltern an den Kopf.

Um das Unausgesprochene geht es auch in der Erzählung „Der Tag nach dem Fest“, dieses Mal um das, was zwischen Mutter und Tochter nicht gesagt wird. Aus der Sicht der Tochter wird die Mutter-Tochter-Beziehung in der Erzählung „Das letzte Leben“ beleuchtet. Die meist weiblichen Protagonisten wirken dabei nicht immer so zerbrechlich wie in diesen Geschichten. Fast schon heldenhaft verhält sich die Nonne, die in der Erzählung „Die Ausgesetzten“ ein fremdes Kind als das ihre annimmt und das Kloster verlässt. Hinzu kommen kleine Geschichten, die eher grotesk wirken. So etwa, wenn ein Gefangener als Tag der Entlassung den 99.99.9999 angegeben bekommt.

Gemeinsam haben alle acht Erzählungen, dass der Leser alles andere als überhäuft wird mit Informationen. Man muss aus Gesprächsfetzen herauslesen, was Sache ist. Wenn in „Das Kastell“ plötzlich der Satz steht „Aber warum musste ich dann daran denken, dass du erst vor einer Woche hier warst, mit deinem Mann“ bleibt es dem Leser überlassen, wen die Ich-Erzählerin hier gemeint haben könnte und was es für sie bedeutet.

Mir sind Parrellas Erzählungen  zu unscharf geblieben. Mit ihnen verhält es sich im Grunde wie mit der Plakatwand des Coverbildes, auf der viele abgerissene Plakatreste zu sehen sind. Man hat mehrere Schnipsel eines Posters in der Hand, kein ganzes Bild. Und was man sieht, muss man mühsam versuchen zu einem fertigen Bild werden zu lassen. Dabei ist das Abgebildete auf den Schnipseln, die man in Händen hält, alles andere als scharf.