Rezension

Überschaubares Abenteuer mit plakativer Message

Stechmückensommer - Jutta Wilke

Stechmückensommer
von Jutta Wilke

Bewertet mit 3 Sternen

„Stechmückensommer“ nimmt uns Leser mit in die schwedischen Wälder, wo die 13jährige Madeleine die Sommerferien in einem Jugendcamp verbringen soll. Was sie eigentlich gar nicht will. Ihre Eltern wollen es so. Aber die wissen auch nicht, dass Madeleine ständig von allen nur „Made“ genannt wird. Weil Madeleine dick ist. Nicht so dick, dass sie zum Sitzen zwei Stühle braucht – wie sie selbst sagt – , aber trotzdem … dick. Und da Kinder und Jugendliche sehr gemein sein können, wenn es ums Anderssein geht, beginnen die Ferien für Madeleine mit jeder Menge blöder Sprüche.

Jutta Wilke versetzt sich in „Stechmückensommer“ in ein junges, unsicheres Mädchen hinein, das nicht damit rechnet, dass irgendjemand mehr in ihr sehen könnte als nur „die Dicke“. Aber dann passiert genau das… Beim Ausflug in ein altes Bergwerk, verdrückt sich Madeleine heimlich in den Bus der Teamleiter. Nur ein paar Minuten döst sie weg. Als sie aufwacht, sitzt auf dem Fahrersitz ein 15jähriger Punk, der ihr erklärt, dass sie unterwegs Richtung Norwegen sind. Kurz darauf stößt auch noch Vincent dazu, der das Down-Syndrom hat und unbedingt mitkommen möchte.

Die Autorin erzählt einen Roadtrip, bei dem sich drei sehr unterschiedliche Außenseiter näher kommen, der aus meiner Sicht aber zu gewollt auf die Botschaft zugeschneidert ist. Gleich drei deutsche, problembehaftete Jugendliche laufen sich in der schwedischen Wildnis über den Weg und gehen gemeinsam auf die Reise. Nur einer von ihnen hat für diese Reise einen "echten" Grund – der 15jährige Juli. Doch warum Juli nun unbedingt einen Wagen klauen muss (Geld hat er und laut DB-Homepage könnte er bequem mit Bus und Bahn an sein Ziel gelangen), warum Madeleine und Vincent, die zufällig in das Abenteuer stolpern, hartnäckig bei ihm bleiben, diese Umstände kann die Autorin meinem Empfinden nach nur schwer erklären.

Das ungleiche Trio muss zusammenbleiben, damit die Geschichte funktioniert. Aber gerade deshalb funktioniert sie in meinen Augen nicht immer gut. Zu geradlinig entwickelt sich alles Richtung Freundschaft, zu wenig subtil wird die Aussage nach mehr Toleranz und Offenheit vermittelt, indem die Handicaps der Protagonisten plakativ in den Mittelpunkt gerückt werden.

Die erste Hälfte dieses mit 207 Seiten relativ kurzen Büchleins habe ich trotz des eingängigen Schreibstils auch als recht gestreckt wahrgenommen. Im Wesentlichen erfüllt sich der Klappentext und erst im weiteren Verlauf konnte ich gemeinsam mit Madeleine kleine, überraschende Wendungen erleben. Jedoch nicht soviele, wie ich aufgrund der Inhaltsangabe erwartet hätte. Diese versprach ein Abenteuer in der Wildnis. Aber die Natur erwies sich alles in allem als wenig beschwerlich, da sich für die meisten Probleme immer schnell eine Lösung fand.

In den letzten Kapiteln dachte ich: Ja, das ist es! Jetzt wird alles so intensiv und fesselnd, wie ich es mir die ganze Zeit erhofft hatte. Kurz darauf war die Geschichte dann leider vorbei und gipfelte in einem Ende, das für meinen Geschmack zu harmonisch in Szene gesetzt worden ist. Ich fühlte mich in einen Schweden-Urlaub-Heile-Welt-Werbespot versetzt, samt Lagerfeuer, Holzhütte und Sonnenuntergang.

Fazit: Eine Freundschaftsgeschichte mit wertvollen, aber wenig subtilen Botschaften. Für mich hielt das Buch leider zu wenige Überraschungen parat.