Rezension

Überzeugende Dystopie

Vollkommen - Patricia Rabs

Vollkommen
von Patricia Rabs

Bewertet mit 5 Sternen

Willkommen in einer neuen dystopischen Gesellschaft. Getrennt nach einer Art Klassen, wo andere besser sind, als viele. Das Blut der Menschen ist das wichtigste und gleichzeitig bedeutendste Gut. Ist das Blut gut genug und man darf es spenden, so hast du es geschafft. Man gehört zu den Privilegierten. So ergeht es auch Teresa Evans Familie. Sie lebt mit ihrer Familie in der Mitte, haben es damit besser, als die Familien, die in den Randbezirken wohnen müssen. Bis zu dem Zeitpunkt, als feststeht, dass Tess nicht für die Spende zugelassen wird. Sie hat die Einstufung nicht bestanden. Von jetzt an müssen sie fürchten, dass sie von der Mitte an den Rand ziehen müssen. Dorthin, wo auch Lukas wohnt. Lukas, der ihr einziger Halt neben der Familie ist. Bis sich das Blatt wendet und Lukas plötzlich zu denen gehört, die privilegiert sind. Als Erster aus seiner Familie hat er die Einstufung bestanden und sichert seiner Familie damit eine bessere Zukunft.

 

Patricia Rabs hat die Gesellschaft nicht neu erfunden. Aber es ist auch schwierig das Rad neu zu erfinden. Dennoch ist ihr Grundgerüst neu, vor allem aber interessant! Das Blut ist sozusagen als Währung eingetreten. Wenn man geeignet ist, darf man spenden und sichert den Lebensunterhalt der Familie. Wenn nicht, fristet man sein Leben am Rand und versucht von einen Tag auf den nächsten zu überleben. Ein Gedanken, der sowohl erschreckend, aber auch realistisch ist. Da es scheint, dass so eine Weltordnung selbst bei uns möglich wäre. Vielleicht sogar in nicht allzu ferner Zukunft. Die Spannung mit ihren vielen Wendungen und die Frage, was Frau Rabs aus diesem Thema gemacht hat, hat mich durch die Seiten fliegen lassen.

 

Die Charaktere. Frau Rabs hat sehr authentische Charaktere geschaffen. Jeder einzeln, wie er da ist. Mir hat Teresa besonders gefallen. Sie ist nach außen hin sehr stark und gibt sich die Schuld, dass sie ihrer Familie aufgrund der nicht bestandenen Einstufung nicht helfen kann. Sie versucht zum Lebensunterhalt durch Unterricht beizutragen. Dennoch merkt man im Laufe der Geschichte, dass Tess es nicht leicht hat. Mehr und mehr nagen die Zweifel an ihr, je weiter das Buch voran schreitet. Bis sie nicht mehr weiß, was sie machen soll und wem sie noch ihr Vertrauen schenken sollte. Für mich war Tess ein Charakter, in den ich mich direkt hineinversetzen konnte.

Auch Lukas, wirkt sehr gut durchdacht. Besonders zu merken sind seine Stimmungsschwankungen, die durch die Medikamente der Spenden verursacht werden. Es wirkte zu jeder Zeit sehr greifbar und realistisch.

Häufig kommt es vor, dass nach so umfassenden und gut strukturierten Protagonisten die Nebencharaktere ein wenig leiden müssen. Was hier nicht der Fall ist. Patricia Rabs schafft es durch die Bank weg interessante Charaktere zu schaffen, bei denen man teilweise nicht weiß, auf welcher Seite sie eigentlich genau stehen.

 

Patricia Rabs hat einen sehr sinnbildlichen Schreibstil. Man kann sich die Welt, in die wir eintreten, sehr gut vorstellen. Auch die Gefühle und Gedanken der Protagonisten kommen gut rüber. Zudem schafft sie es die Spannung voran zu treiben. Der erste Teil beschäftigt sich ein wenig mit der Grundgeschichte und ist noch relativ seicht, was sich im zweiten Teil ändert. Es sind immer wieder Wendungen und Rückschläge eingebaut, welche gerade zum Ende hin den Effekt haben, dass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Man blättert weiter und weiter und möchte hoffen, dass Tess nicht noch mehr Rückschläge einstecken muss, sondern endlich voran kommt.

 

Das Ende hat mich ein wenig, wirklich nur ein wenig, unzufrieden zurück gelassen. Da hätte ich mir mehr erhofft. Es ist sehr offen gehalten und es scheint eine Fortsetzung zu geben, wo ich mir allerdings nicht so ganz sicher bin. Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden und sollte es soweit sein, werde ich mit Begeisterung lesen, wie schon den ersten Teil!

Fans von Dystopien kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. Es ist ein Pageturner, besonders zum Ende hin und reißt einen direkt mit.