Rezension

Überzeugendes Debüt mit fehlender Sogwirkung

Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen
von Ulla Scheler

Bewertet mit 4 Sternen

Die Charaktere:

Hanna und Ben sind schon von klein auf miteinander befreundet und ihre Freundschaft besteht auch noch als sie ihr Abitur machen. Niemand kann die beiden trennen. Sie sind wie zusammen gewachsen. Ein Herz und eine Seele. Wo der eine ist, ist auch der andere.
Hanna ist die Vernünftige von beiden. Sie versucht Ben immerzu bei seinen Dummheiten auszubremsen. In den meisten Fällen scheitert sie allerdings dabei und schließt sich ihm an, weil sie eben alles gemeinsam tun. Ben war schon immer etwas draufgängerisch und schon gar kein Musterschüler. Er kommt aus einem schlechten Elternhaus und den Selbstmord seines Vaters hat er nicht verkraftet. Das alles formt ihn - das alles macht ihm zu dem, der er ist.
Hanna und Ben verbindet eine so tiefe Freundschaft, dass sie Sehnsüchte weckt und man sich auch einen Freund wie Ben wünscht. Frau Scheler kann die Gefühle der beiden Protagonisten zueinander so unglaublich authentisch transportieren, dass es weh tut. Da der Leser alles aus der Sicht von Hanna erfährt, kann er sich besonders gut in sie hinein fühlen und spürt ihre Gefühle, die sie für Ben hat. Mit den Charakteren und der Darstellung derer hat die Autorin ein großes Talent bewiesen.

Die Story:
Im Großen und Ganzen ist "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" eine tragisch-schmerzvolle Liebesgeschichte. Der Hauch Mystery, der durch den Klappentext suggeriert wird, ist eher unbedeutend und hat mich auf eine falsche Fährte geführt. Dennoch bin ich froh, das Buch gelesen zu haben.
Nicht gut gefallen haben mir die vielen Gedanken von Hanna und einige Handlungssequenzen, bei denen es einfach nicht vorwärts geht und die schlichtweg nicht wichtig und sogar langweilig sind. Dadurch plätschert die Geschichte nur vor sich hin und nimmt kaum richtig Fahrt auf. Wäre da nicht die überzeugend dargebotene Beziehung zwischen Hanna und Ben, wäre das Buch einfach nur öde.

Der Schreibstil:
Frau Scheler hat trotz der fehlenden Sogwirkung einen einnehmenden Schreibstil, geschmückt mit schönen Metaphern. Und obwohl es ihr Debüt ist, hat sie eindeutig ihr Können bewiesen.
Im letzten Drittel schafft sie es sogar, die Spannung nach oben zu treiben, sodass man unbedingt weiterlesen muss. Leider kann sie diese nicht halten. Der Punkt "Spannung" ist also noch ausbaufähig oder aber in diesem Roman einfach nicht gewollt.

Ende:
Das Ende erfährt eine Wendung, mit der man Hoffnung schöpft, aber Frau Scheler lässt den Leser mit dem Schlusskapitel unbefriedigt zurück. Man möchte Hanna weiter begleiten, aber die Autorin beendet das Buch und lässt den Leser im Regen stehen. Dabei möchte man doch so gern nur noch ein bisschen mehr erfahren... Nur ein ganz klein wenig, um das Buch mit einem Lächeln zu schließen.

Fazit:
Frau Scheler schafft es mit ihrem einnehmenden Schreibstil eine tragische Liebesgeschichte mit authentischen Charakteren zu zaubern. Allerdings kommt auch häufig Langeweile auf, da die Sogwirkung fehlt.

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