Rezension

Üppig und facettenreich

Die Rosenzüchterin - Charlotte Link

Die Rosenzüchterin
von Charlotte Link

Bewertet mit 4 Sternen

Historischer Roman, psychologischer Roman oder doch Krimi? – Meiner Meinung nach lässt sich Charlotte Links Roman „Die Rosenzüchterin“ nur sehr schwer einem Genre zuordnen. Erzählt werden im Grunde vier verschiedene Geschichten, die aber natürlich alle zusammenhängen. Zum einen ist da die junge Lehrerin Franca Palmer, die unter Depressionen und Panikattacken leidet. Auf der Kanalinsel Guernsey sucht sie Abstand zu ihrem Leben in Berlin und mietet sich in einem alten Haus in Le Variouf ein, das der Rosenzüchterin Beatrice Shaye gehört. Beatrice ist um die 70 und teilt sich das Haus mit der zehn Jahre älteren Helene – eine Deutsche und einst Frau eines Nazi-Offiziers. Das deutsche Ehepaar hatte das Rosenzüchter-Haus während der Besetzung der Kanalinseln im zweiten Weltkrieg okkupiert. Die beiden Frauen sind seitdem eine etwas seltsame Schicksalsgemeinschaft. Schließlich wird in „Die Rosenzüchterin“  auch noch die Geschichte von Beatrices Sohn Alan angeschnitten, der als Anwalt in London lebt und ein Alkoholproblem hat. Ganz zum Schluss gibt’s dann noch einen Kriminalfall, der die Insel erschüttert. An sich hat mir der Roman ganz gut gefallen, obwohl die Geschichte doch relativ vorhersehbar und auch nur mäßig spannend war. Die Stärke des Romans ist aber ganz klar auch nicht sein Spannungsbogen, sondern seine psychologische Dichte und das extrem gut ausgearbeitete Beziehungsgeflecht zwischen den Protagonisten. Von Anfang an kann man sich wahnsinnig gut mit den Figuren identifizieren, macht mit ihnen Entwicklungen durch, versteht ihre Ängste, Sorgen und Probleme und warum sie so sind, wie sie sind. Besonders gut gefallen haben mir die Passagen im Roman, die während des zweiten Weltkriegs spielen – man hat danach das Gefühl, die Besatzungszeit auf der Insel selbst miterlebt zu haben. Link schreibt generell sehr bildhaft und auch atmosphärisch und ich hatte nach der Lektüre große Lust, mal selbst nach Guernsey zu fliegen. Den Kriminalfall zum Schluss fand ich allerdings ein wenig an den  Haaren herbeigezogen, überflüssig und fehl am Platz. Diesen Handlungsstrang hätte sich Link  echt sparen können, weil er die Geschichte auch nicht aufregender gemacht hat. Im Großen und Ganzen ein üppiger, facettenreicher und interessanter Roman mit einem tollen Schreibstil – wenn auch nicht das beste Buch von Charlotte Link.