Rezension

Umwerfend makabrer Humor

Töte mich - Amélie Nothomb

Töte mich
von Amélie Nothomb

Bewertet mit 5 Sternen

„Du hast viel dazu beigetragen, dass ich auf der Welt bin. Es wäre nur gerecht, wenn du sie auch von mir befreist.“ (S. 66)

Zusammenfassung. Eine üble Prophezeiung, eine finanzielle Notlage, die den Auszug aus dem Familienschloss erzwingt, und dann auch noch die Marotten seiner etwas speziellen jüngsten Tochter: Graf Neville hat es gar nicht so leicht. „Töte mich“ ist ein kurzer, leichter Roman über alles, was passieren könnte, und erzählt unaufgeregt eine spannende Geschichte, die mit makabrem Humor gespickt ist.

Erster Satz. Wäre ihm prophezeit worden, dass er einmal zu einer Wahrsagerin gehen würde, Graf Neville hätte es nicht geglaubt.

Cover. Der geschätzte Diogenes-Verlag ist in seiner Covergestaltung ja grundsätzlich mutig. Mir jedoch gefallen die meisten seiner Schöpfungen, und so hat auch das in diesem Fall verwendete Foto in meinen Augen einen ganz eigenen Charme – aber den hat das Buch selbst schließlich auch!

Inhalt. Es ist ja nicht viel Buch, das uns Nothomb hier vorsetzt, aber das lässt sich dafür an einem Stück weglesen und besticht durch wundervoll makabren Humor und intelligenten Stil.
Als etwas anstrengend (das habe ich allerdings erst beim Vorlesen bemerkt) könnte man die langen Dialoge empfinden, das hat aber nicht tiefgreifend gestört und tat vor allem meiner Begeisterung nicht den geringsten Abbruch.

Personen. Der Graf ist ein charmanter Zeitgenosse, seine Frau scheint beinahe elfengleich, die beiden älteren Kinder wahre Wunderwerke und die jüngste Tochter so herrlich in pubertärem Trübsinn versunken, dass man sie einfach gernhaben muss.
Mein Highlight bei den Charakteren jedoch ist es, dass so viel mehr hinter jeder einzelnen Figur steckt als im Buch tatsächlich ausgeführt wird. Da gelingt es Nothomb sehr gut, sich auf das Wesentliche zu beschränken und trotzdem tiefgehende Persönlichkeiten zu erschaffen.

Lieblingsstellen. „Immer war da diese Festung aus Eis zwischen mir und mir.“ (S. 71)
„In jedem anständigen Roman muss ein Gewehr, wenn es erwähnt wird, auch zum Einsatz kommen.“ (S. 109)

Fazit. Eigentlich ist das Wichtigste zum Buch kurz gesagt: Es macht Spaß, es zu lesen, die Figuren sind etwas kauzig und verschroben, doch zugleich so unheimlich sympathisch, und ich habe so häufig laut aufgelacht wie lange nicht mehr.
Selbst der Freund, dem ich zunächst nur eine kurze Passage vorlas, wollte gar nicht aufhören, zuzuhören, und das soll schon etwas heißen!