Rezension

Unblutig, Gesellschaftskritik, leckeres Essen, aber nicht nur ...

Rotes Gold - Tom Hillenbrand

Rotes Gold
von Tom Hillenbrand

Bewertet mit 4 Sternen

Die ersten 50 Seiten fand ich ein wenig langweilig, aber diese Reihe kulinarischer Krimis hat es eben mehr mit den leisen Tönen, wobei 'leise' keineswegs 'harmlos' heißt. Im Gegenteil: der Autor Tom Hillenbrand, der Europapolitik studiert hat, siedelt seine Krimis in Sichtweite von Europa an, in Luxemburg/Stadt mit Blick auf den Kirchberg mit seinen europäischen Institutionen und er übt ganz schön Kritik an europäischen Gesetzgebungen, am Städtebau, an moderner Kunst, ...

Paris: "Dann duftete die Stadt der Lichter nicht nach Blumen und Liebe, sondern nach Autoabgasen und Müll." (8)

"… hatte man eine Reihe funktionsloser lavendelfarbener Stahlstreben gerammt, Gebilde,die man wahlweise als Kunstinstallation oder als lackierten Schrott bezeichnen konnte." (102)

… aber vor allem an der Nahrungsmittelindustrie und dem kulinarischen Zirkus rund ums Essen. Er kritisiert diejenigen, denen selbst das Schlemmen auf hohem Niveau irgendwann fad wird und die immer 'auf der Suche nach einem noch größeren kulinarischen Kick' sind (15).

So schildert er in einer Szene, wie dem Koch Xavier Kieffer 'Ortolan' serviert wird, ein im Ganzen gebratener Singvogel, eine eklige und empörende Szene. An seiner Stelle hätte ich es aus Prinzip abgelehnt, das zu essen. Zugute halten muss man ihm, dass er später so lange alles von sich gab, bis nichts mehr im Magen war. Das sagt wohl alles.

Die Hauptperson Xavier Kieffer war selbst in der Haute Cuisine tätig, hat das aber aufgegeben, um sich ganz der bodenständigen luxemburgischen Küche zu widmen. In seinem kleinen Restaurant gibt es z.B. Rieslingpaschteít und Gromperekichelcher (Kartoffelpuffer). Nur eines stört mich maßlos: dass er ständig und überall raucht und damit seine Geschmacksnerven ruiniert. Und das als Koch!

So ganz nebenbei erfährt man einiges über das kleine Großherzogtum Luxemburg, das früher in Stahl machte und nun ein Schwerpunkt des Finanzwesens ist. Das Thema in diesem Krimi – Band 2 der bisher fünfteiligen Reihe – ist allerdings Sushi, der damit verbundene Thunfischfang und die Machenschaften der Fischindustrie. Ein japanischer Star der Sushi-Küche wird ausgerechnet auf einer Veranstaltung des Pariser Bürgermeisters vergiftet und weil dieser politisch in Schwierigkeiten gerät und seine gute Freundin Valérie eine noch bessere Freundin von Xavier ist … wird dieser gebeten, den Mörder zu suchen. Und das schafft er auch, in bester Kieffer-Manier.

Wer unblutige Krimis mit ein bisschen Gesellschaftskritik und Lokalkolorit mag, wer sich für leckeres Essen und die Restaurantszene interessiert, dem kann man diese Reihe nur empfehlen.