Rezension

Unfassbar mitreißend

Es wird keine Helden geben - Anna Seidl

Es wird keine Helden geben
von Anna Seidl

Bewertet mit 5 Sternen

Meinung:
Das Buch ist ja in aller Munde und auch an mir ging es nicht vorbei. Allerdings hat es mich nicht sonderlich interessiert, weil das Cover mich nicht ansprach und mir der Titel auch nichts so wirklich gesagt hat. Dadurch habe ich mir auch den Klappentext nicht durchgelesen. Ein wirklich großer Fehler. Denn das Buch hat mich unglaublich umgehauen.  Es fing vor allem direkt mega spannend und auch gleichzeitig beklemmend an. So ein Amoklauf ist ja nichts Tolles. Und ehrlich, auf den ersten 30 Seiten hätte ich fast angefangen zu weinen, es hat schon hinter den Augen gebrannt. Immerhin fängt es direkt mit dem Amoklauf an, man wird direkt in die Situation hineingeworfen. Die Geschichte wird aus Miriams Perspektive erzählt und dadurch wird alles noch persönlicher, alles noch intensiver von den Gefühlen her. Vor allem durch diesen persönlichen Verlust von Miriam. Ich habe so oft mit ihr mitgefühlt, mich so oft gefragt, wie ich an ihrer Stelle handeln würde. Und logisch gesehen würde ich genau so handeln. Denn sie hätte ja sowieso nichts tun können außer die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ich konnte dieses Buch direkt zu Beginn nicht aus der Hand legen. Allerdings musste ich es zum Ende hin mehrmals das Buch weglegen. Es hat mich einfach immer mehr gepackt und ich musst immer mehr darüber nachdenken, wie ich mich verhalten hätte. Wie ich reagiert hätte und mit der Situation und den ganzen Folgen umgegangen wäre. Dieses Buch hat mich einfach unglaublich mitgerissen. Der Schreibstil war unglaublich gut und Miriam war eine gute und authentische Hauptperson. Sie gefiel mir gut und auch wenn sie vor dem Amoklauf anders war, mochte ich sie in dem Buch sehr. Das Buch war wirklich super authentisch und ich lese solche Bücher ja wirklich gerne und kann wirklich sagen, dass ich selten ein so gutes Buch gelesen habe. Wobei von den Realitysachen her "Speechless" noch einen ganz kleinen ticken besser war. Ich mochte die Personen, ich verstand ihre Gefühle, ich konnte mich in sie hineinversetzen und hätte manchmal wirklich am liebsten losgeheult. Wie oft ich mir fassungslos die Hand vor den Mund geschlagen und "Oh nein" gesagt habe, habe ich leider auch nicht mitgezählt. Aber es war ziemlich oft, denn ich war so oft schockiert, mir tat Miriam einfach manchmal so leid. Wobei es ja schon Sachen gibt, an denen sie selbst mit schuld ist. Aber ihre Entwicklung in dem Buch gefällt mir unglaublich gut. Übrigens besteht das Buch mitunter ziemlich viel aus Rückblicken auf Momente mit Miriams Lieben, die sie vor dem Amoklauf erlebt hat. Das hat mir immer eine Art Vergleich gegeben und das gefiel mir wirklich gut. Dadurch ist gleichzeitig noch einmal verdeutlicht worden, wie sehr sich alles verändert hat. Was zwar schade war, aber irgendwie hat Miriam auch ihre positiven Erkenntnisse daraus gezogen. Es gab wirklich wenig, was mir an dem Buch nicht gefiel, eigentlich fast gar nichts. Und ich muss gestehen, dass ich in den letzteren Kapiteln auch mal laut loslachen musste. Doch es ist kein Buch, welches man beendet und dann sofort das nächste liest. Ich musste echt erst einmal grübeln und hatte das Gefühl, noch am nächsten Tag in diesem Buch zu stecken.

Charaktere:

Miriam: Ein fünfzehnjähriges Mädchen, dessen Freund bei dem Amoklauf ums Leben kam. Miriam muss man sagen, war vor dem Amoklauf wirklich anders. Natürlich verändert einen so ein traumatisches Ereignis. Bei ihr merkt man wirklich, dass sie auch etwas positives daraus gemacht hat. Versteht mich nicht falsch, ein Amoklauf ist etwas furchtbares. Aber ihr versteht doch bestimmt was ich damit meine. Sie hat halt nach einer gewissen Zeit der Trauer und der Verarbeitung versucht, das Beste daraus zu machen. Ihre Veränderungen sind nicht so stark zum Vorschein gekommen. Man sieht aber, dass sie das Leben an sich mehr als Geschenk betrachtet. Vorher war es für sie viel selbstverständlicher und sie hat halt einfach so vor sich hin gelebt mit ihrem Freund und ihren Freundinnen. Aber ich mochte sie sowohl vorher als auch nachher. Wobei sie mir nachher noch ein ganz kleines bisschen besser gefiel. Im Allgemeinen gefiel sie mehr sehr gut, sie war authentisch und hat auch ihre eigenen Fehler eingesehen. Das ist für mich sehr wichtig. Leider musste Miriam viel Leid erfahren, aber sie ist daran gewachsen und hat sich weiterentwickelt. Vor allem in den Rückblicken wird einem bewusst, wie sehr sie ihren Freund geliebt hat und dass sie praktisch nicht ohne ihn kann. Aber leider muss sie das lernen, ohne ihn zu leben.

Vanessa: Eine gute Freundin von Miriam, die nach wie vor für sie da ist und sie nicht hängen lässt. Ehrlich gesagt kann ich nicht viel zu ihrem Charakter sagen, aber sie scheint mir ein ziemliche loyales und freundliches Mädchen zu sein. Sie ist ebenfalls traumatisiert vom Amoklauf, wer wäre das nicht, aber trotzdem ist sie für Miriam da und versucht, ihr zu helfen. Gemeinsam versuchen die Beiden, wieder ein wenig mehr in den Alltag zurück zu finden. Ihr wisst schon, shoppen oder Eis essen gehen, solche Sachen. Und das fand ich einfach toll. Denn Miriam hat das gebraucht, eine gute Freundin. Ich kann mir leider an nichts anderes was Vanessa angeht erinnern. Da waren es mir wohl zu viele Namen. Denn eigentlich waren es insgesamt fünf Freundinnen einschließlich Miriam und diese kamen meist nur kurz in den Rückblicken vor. Aber sie war wirklich nett und hat auch versucht, Miriam wieder etwas aufzubauen.

Ich war lange am Überlegen, welchen Charakter ich hier noch beschreibe. Letztendlich möchte ich keinen anderen Charakter beschreiben, lernt sie einfach selber kennen. Ich möchte nicht zu viel spoilern und ich habe das Gefühl, dass ich genau das tue, wenn ich z. B. Miriams Mutter hier beschreibe. Dafür hatte ich mich nämlich eigentlich entschieden. Aber das kann ich nicht, ohne zu spoilern und deswegen möchte ich das nicht tun. Allerdings haben mir die anderen Charaktere auch sehr gut gefallen, zumindest haben sie zum Buch gepasst und waren authentisch. Die meisten waren aber auch wirklich sympathisch.

Zitate:

Habt ihr manchmal Angst vorm Tod? Überlegt ihr euch, wie ihr sterben werdet? Am Ende ist es doch egal, es ist einfach vorbei. Warum also sein ganzes Leben mit der Angst verbringen? Warum also immer darüber nachdenken?
Miriam

Aber Gott kann keine Sünden vergeben. Der Einzige, der das kann, bist du selbst. Du selbst musst dir verzeihen, was du getan hast. Du bist es, der dein ganzes Leben damit leben muss.
Miriam

Überall im Leben versuchen wir, perfekt zu sein. In der Schule, in der Familie, bei der Arbeit, im Alltag. Immer muss alles so laufen wir geplant.. Wenn wir aber akzeptieren, dass nicht alles so laufen muss wie geplant, eröffnen sich neue Wege. Wir sollten nicht so viel planen, sondern einfach leben. Wir haben Träume. Und oft verschieben wir sie auf später. Wir vergessen, dass später vielleicht zu spät ist.
Miriam

Fazit:
Wie man vielleicht an der Rezension merkt, fiel es mir schwer, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Es ist auch ein Thema, was mir sehr nahegeht, denn mir ist nicht klar, wie man so viele Menschen für etwas, was einem widerfahren ist, verantwortlich machen kann. Dieses Buch hat dieses so empfindsame Thema grandios umgesetzt. Miriam war eine tolle Protagonistin, die einem wirklich leid tun kann. Aber sie lernt aus ihren Fehlern und das ist gut so. Denn es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels, man muss nur lange genug laufen. Eine klare Leseempfehlung von mir für eigentlich alle. Aber vor allem an die, die "Speechless" toll gefunden haben.
Eines meiner Monatshighlights des Januars, dem ich die volle Punktzahl gebe.