Rezension

Unglaubwürdig, nervig - ein üblicher Verdächtiger unter den Jugend-Thrillern

Boy Nobody 01. Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. - Allen Zadoff

Boy Nobody 01. Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder.
von Allen Zadoff

Bewertet mit 2 Sternen

Jacks Vater beugt sich vor und reicht mit eine Dose Cola.
Im selben Moment ramme ich ihm die Kulispitze in den Unterarm. Der winzige Zylinder entleert sich und sofort setzt die Wirkung des Gifts ein.
Jacks Vater sieht mich mit großen Augen an. Sein Mund zieht sich zusammen und formt ein W.
Vielleicht will er warum fragen.
Vielleicht aber auch was. Was machst du da?
Aber das Gift wirkt schnell. Wie schnell, das hängt vom Alter und der Konstitution des Opfers ab. Und da hat Jacks Vater schlechte Karten. Er ist nicht gerade der Fitteste.
Also wirkt es fast sofort. Schneller, als man warum oder was sagen kann.

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INHALT:
Er hat viele Namen, momentan nennt er sich Benjamin. Ausgebildet wurde er seit seinem 12. Lebensjahr für einen einzigen Job - den Job eines Killers. Er schleicht sich in Familien ein und schaltet im richtigen Moment eines der Mitglieder aus. Die Motive und Hintergründe für seine Taten kennt er nicht, er tut, was ihm gesagt wird. Doch bei seinem neusten Fall ist alles anders. Denn das Mädchen, dem er dabei begegnet, löst in ihm etwas absolut Ungeahntes aus...

MEINE MEINUNG:
Allen Zadoffs Jugend-Thriller "Boy Nobody" ist so beliebt und so erfolgreich, dass er 2014 mit Jaden Smith in der Hauptrolle verfilmt wird - und auch, wenn mir schleierhaft ist, warum nun ein Afro-Amerikaner den Benjamin geben wird, war mein Interesse geweckt. Eigentlich beginnt der Roman auch sehr gut, mit der Szene eines Mordes nämlich, sodass man gleich in die Welt des Protagonisten hineingeworfen wird. Der Schreibstil ist kühl und distanziert, beschränkt sich auf wenige Beschreibungen. Dies ist anfangs passend und hat durchaus seine Berechtigung, ändert sich aber bis zum Ende nur minimal und fängt so irgendwann an zu nerven.

Benjamin wurde im jungen Alter von 12 Jahren für seinen Job als Soldat rekrutiert und mordet seitdem. Ein Gewissen besitzt er im Grunde nicht, da seine Arbeit für ihn Alltag ist und die Hintergründe ihn nicht zu interessieren haben. Dafür, dass er sich selbst als eiskalt sieht, ist er aber doch recht nachdenklich und stellt oft in den unmöglichsten Situationen große Überlegungen an, was nicht wirklich passen mochte. Sein Love Interest Sam ging mir dafür gehörig auf die Nerven. Bei den kleinsten Äußerungen, die ihr nicht passen, fährt sie fürchterlich aus der Haut, sie lässt keine andere Meinung gelten und spielt sich als Wundertäterin auf. Ihren Charakter konnte ich persönlich gar nicht leiden, weshalb ich Bens Begeisterung für sie nicht nachempfinden konnte. Die übrigen Charaktere bleiben häufig blass, der Bürgermeister von New York gefiel mir in seiner Art jedoch immerhin.

Das Problem von "Boy Nobody" ist eben einfach, dass die Hauptfigur zu jung für die Geschichte ist. Sicherlich, um sich in die Leben der Zielpersonen einschleichen zu können, sind hier jugendliche Freunde existenziell wichtig - aber das hätte man auch anders lösen können. Denn Benjamins Eskapaden erschienen mir in seinem Alter nicht glaubwürdig, und dass ihm nach zwei Jahren Ausbildung ohne offensichtliche Löschung der Erinnerung alles egal ist, was er davor je gelernt hat, halte ich doch für relativ unwahrscheinlich. Natürlich soll der Roman unterhalten, und das tut er bisweilen in den Action-Szenen auch, aber ich darf mir auch nicht veralbert vorkommen. Und das war bei mir des Öfteren der Fall. Denn Benjamin rühmt sich damit, schlau und gewitzt zu sein, erkennt aber die einfachsten Zusammenhänge nicht und kommt bis kurz vor Schluss nicht drauf, wer einer seiner Widersacher sein könnte, während ich ihm gerne eine Pfanne auf den Schädel hauen wollte, damit er zur Besinnung kommt.

Zudem passiert im ganzen Roman relativ wenig. Der Junge erhält seinen Auftrag, und versucht fortan 300 Seiten lang, diesen zu erfüllen, wird dabei jedoch von seinen - für den Leser nur durch seine mehrmalige Aussage, er sei dabei sich zu verlieben, ersichtlich - Gefühlen davon abgehalten. Gezogen wird das Buch immer wieder durch schier endloses Geplänkel und kitschige Gespräche, garniert von den Geheimnissen um Benjamins Eltern. Das Einzige, was mir wirklich gefiel, waren die innovativen Wege, auf denen er mit seinen Auftraggebern kommuniziert - durch eigens erstellte Apps etwa oder durch verschlüsselte Nachrichten. Ansonsten jedoch nimmt der Roman selten richtig Fahrt auf und der Protagonist wurde zumindest mir bis zum Ende nicht sympathisch. Der Schluss deutet auf weitere Bände zur Lösung der übrig gebliebenen Rätsel hin, diese sind mir ehrlich gesagt aber wirklich herzlich egal.

FAZIT:
"Boy Nobody" von Allen Zadoff ist, ich habe es geahnt, ein üblicher Verdächtiger unter den Jugend-Thrillern: Die Liebesgeschichte wird schrecklich ausgewalzt, kommt dabei aber beim Leser nicht an, die Umstände sind unlogisch und der eigentlich so schlaue Hauptcharakter kommt einfach nicht auf den grünen Zweig. Danke, nein! 2 Punkte von mir.