Rezension

Unsichtbare Worte

Die Worte, die das Leben schreibt - Adelia Saunders

Die Worte, die das Leben schreibt
von Adelia Saunders

Bewertet mit 3 Sternen

Die junge Litauerin Magdalena ist mit ihrer Freundin Lina nach London gezogen, um ihrem Leben eine neue Wendung zu geben und gleichzeitig ihrer Gabe davonzulaufen, denn sie sieht Botschaften auf der Haut der Menschen um sie herum, die ihr einen Sicht auf deren Schicksal geben. Magdalena fühlt sich von dieser Gabe regelrecht überfordert und will sie nicht, setzt es sie doch irgendwie unter Druck und liefert ihr gleichzeitig Informationen, die sie belasten und die sie gar nicht wissen will. Schon das allein führt dazu, dass Magdalena sich regelrecht fürchtet, Menschen anzusehen. Als sie zufällig auf den Studenten Neil trifft, liest sie überraschenderweise ihren eigenen Namen in seinem Gesicht. Aber auch sie hinterlässt bei Neil einen bleibenden Eindruck, denn er kann sie nicht aus dem Kopf kriegen und fängt an, nach ihr zu suchen. Dabei wollte er doch eigentlich seinem Vater Richard endlich das Weihnachtsgeschenk vorbeibringen. Doch auch Richard hat gerade eine Aufgabe, denn er ist in Paris auf der Suche nach der Wahrheit über seine 1954 verstorbene Mutter, die ihn schon als  Kind verlassen hat. Drei Menschen, deren Schicksal irgendwie zusammenhängt…

Adelia Saunders hat mit ihrem Buch „Die Worte, die das Leben schreibt“ einen interessanten Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist poetisch, voller Metaphern und gleichsam gefühlvoll, der Leser kann hier nicht einfach so drüber weglesen, sondern muss sich konzentriert auf die Lektüre einlassen, um bloß kein Detail zu verpassen. Die Geschichte setzt sich aus drei verschiedenen Perspektiven zusammen, die irgendwann ineinanderfließen. So bekommt der Leser nicht nur Magdalenas Lebensgeschichte, ihre Gefühle und Gedanken auf dem Tablett serviert, sondern darf darüber hinaus Neil und Richard ebenso begleiten und sie näher kennenlernen. Gleichzeitig offeriert die Autorin dem Leser eine Reise nach Vilnius, London, Paris und zum Jakobsweg, die alle durchaus ihre Berechtigung haben, um die Handlung zu verstehen. Schwieriger zu handhaben sind die teilweise doch recht extremen Zeitsprünge der Autorin innerhalb der Handlung, die für den Leser oftmals erst einmal so gar keinen Sinn ergeben, was auch gehörig Verwirrung stiftet und man sich dabei ertappt, so manchen Abschnitt nochmals zu lesen um des besseren Verständnisses willen, was die Lesefreude dadurch dämpft. Auch das offene Ende und die vielen nicht beantworteten Fragen lassen einen etwas unbefriedigt zurück.

Die Charaktere wurden von der Autorin sehr unterschiedlich ausgearbeitet, wobei sie mehr Wert auf die emotionale Ebene gelegt hat, denn sie lässt den Leser die Protagonisten hauptsächlich über deren Gefühlswelt kennenlernen. Jedoch fällt es schwer, während der Lektüre eine gewisse Beziehung und Bindung zu ihnen aufzubauen, sie bleiben irgendwie fremd. Magdalena ist eine junge Frau, die einem nicht gerade Sympathien entlockt. Sie hat schon einige Schicksalsschläge durchmachen müssen, doch ihr Handeln ist oft nicht nachvollziehbar und auch ihr Auftreten wirkt oftmals geradezu arrogant und unhöflich. Sie steht ihren Mitmenschen sehr misstrauisch gegenüber, was wohl auch ihrer Angst in Bezug auf ihr besonderes Talent zuzuschreiben ist, worüber aber leider viel zu wenig zu erfahren war. Neal ist der normale Student, der sich etwas von seiner Familie entfernt hat. Er ist zurückhalten und wirkt manchmal wie ein Chaot, doch insgesamt bliebt er eher etwas nebulös. Richard ist ein pensionierter Lehrer und Neals Vater. Er ist ein netter Mann, der etwas verschroben und verwirrt, dabei von allem aber am menschlichsten wirkt.

„Die Worte, die das Leben schreibt“ ist ein Roman zum einen über eine Familiengeschichte, aber auch über das Suchen: nach der Wahrheit, nach etwas Besonderem, nach sich selbst und nach dem Sinn des Lebens. Aufgrund der vielen offen gebliebenen Fragen, dem unbefriedigenden Ende und die doch sehr sprunghaft erzählte Handlung gibt es hier nur eine eingeschränkte Leseempfehlung. Da wäre mehr drin gewesen!