Rezension

Unterhaltsam skurril

Töte mich - Amélie Nothomb

Töte mich
von Amélie Nothomb

Bewertet mit 3 Sternen

Graf Henri Neville ist glücklich verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, die wunderbar geraten sind. Nur die jüngste Tochter, die 17-jährige Sérieuse, ist unberechenbar. Da sie befürchtet, empfindungslos geworden zu sein, setzt sie sich lebensbedrohlichen Gefahren aus. Sie verletzt sich, um Schmerz wahrzunehmen, und wäre sie bei dem Versuch Kälte zu spüren beinahe erfroren.

Der Begriff „Emotionen“ traf Neville wie eine Ohrfeige. Es war nicht das erste Mal, dass er ihn hörte. Seit ein paar Jahren begnügten sich die Leute aus unerfindlichen Gründen nicht mehr mit Gefühlen, Wahrnehmungen oder Eindrücken, die doch ihre Aufgabe perfekt erfüllten. Jetzt mussten es Emotionen sein. Neville reagierte allergisch auf dieses lächerliche und prätentiöse Wort. (S. 8)

Zur Sorge um seine Tochter kommt eine weitere hinzu: Eine Wahrsagerin prophezeit dem Grafen, er werde bei seinem demnächst stattfindenden Gartenfest jemanden töten. Obwohl der freundliche Aristrokat sich das beim besten Willen nicht vorstellen kann, fürchtet er sich doch davor, dass die Worte der Wahrsagerin in Erfüllung gehen könnten. Sérieuse hingegen sieht in dieser Prophezeiung, die zur fixen Idee ihres Vaters wird, ihre Rettung: Der Vater soll sie töten, denn sie will nicht mehr leben.

„›Du hast viel dazu beigetragen, dass ich auf der Welt bin. Es wäre nur gerecht, wenn du sie auch von mir befreist.«
»Nach dieser Logik müsstest du dein Ansinnen eher an deine Mutter richten.«
»Nein. Mama hat mich unter Schmerzen geboren, deshalb sollst du mich unter Schmerzen töten.«“ (S. 66)

Mit „Töte mich“ hat Amélie Nothomb auf knapp 112 Seiten einen skurrilen schwarzhumorigen Roman geschaffen, dessen Dialoge mich durchaus unterhalten konnten und mich das ein oder andere Mal schmunzeln ließen. Der Schreibstil ist ansonsten eher knapp und nüchtern. Die Ausführungen über das schräge adelige Gebaren konnten mich nicht interessieren – die Umsetzung erschien mir etwas langatmig, der Humor wirkte angestrengt und insgesamt war alles zu sehr überzeichnet. Nichtsdestotrotz ein unterhaltsames Buch, das durch die bizarre Logik in den Gesprächen zwischen Vater und seiner Tochter glänzt.