Rezension

Unterhaltsam und trotzdem ernst...

Er ist wieder da - Timur Vermes

Er ist wieder da
von Timur Vermes

Inhalt
Adolf Hitler wacht 2011 auf einem leeren Grundstück in Berlin wieder auf. Zunächst hat er Probleme, sich in der modernen Umgebung zurechtzufinden, aber trotzdem hat er ein großes Ziel: Seinen Aufstieg zur Macht von damals zu wiederholen. Die neuen Medien kommen ihm dabei zuhilfe, da er schon bald einen Auftritt im Fernsehen hat und auch die Zeitungen über ihn zu schreiben beginnen. Wenn er seine Ideologie vertritt, halten die Menschen dies für Comedy und er wird immer berühmter, obwohl er die gleichen Motive wie damals verfolgt - kann man ihn diesmal stoppen bevor es zu spät ist?

Sprache
Timur Vermes schreibt auf sehr hohem Niveau, das die Aufmerksamkeit des Lesers voraussetzt, da er den Schreibstil von "Mein Kampf" nachahmt. Ich finde das sehr gut gelungen, weil die Person Hitler dadurch viel realer im heutigen Berlin herumläuft. Im Gegensatz zu der alten Sprache und Hitlers Schreibstil gibt es aber auch viele Dialekte und Umgangssprache. Ich finde das Mischungsverhältnis sehr gelungen, weil die "Sachbuchatmosphäre", die durch das Nachempfinden Hitlers' Schreibstil von der Umgangssprache wieder aufgelockert wird. Dadurch ist das Buch unterhaltsam, während trotzdem viel Kritik und geschichtliche Fakten geäußert werden. Allerdings wird bei ebendieser Kritik und den geschichtlichen Fakten eine sehr hohe Anforderung an den Leser gestellt: Man muss sich sehr gut mit der Politik vergangener Jahre und dem Zeitraum von 1919-1945 auskennen, um wirklich jeden Kritikpunkt und jede Anekdote zu verstehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht jeder Leser bei der Erwähnung des Namens "Röhm" sofort an den Röhm-Putsch mit der Niederschlagung innerer Probleme der NSDAP und dem Zusichern der Judikative denkt. Noch unwarscheinlicher ist es aber, dass eine tickende Aktentasche in der Wolfsburg mit irgendwelchen Fakten in Verbindung gebracht werden kann(gescheitertes Attentat auf Hitler). Eventuell wären hier weitere Erklärungen notwendig gewesen. (Für mich persönlich war es kein Problem, da Geschichte mein Abifach ist!)

Charaktere
Durch viele Erinnerungen an das Dritte Reich und seine generelle Laufbahn wird Hitler sehr authentisch dargestellt, das ist wirklich gut gelungen. Was ich aber besonders gut finde ist, dass Timur Vermes ihm angesichts der modernen - für Hitler unbekannten - Situationen die perfekten Worte in den Mund legt. In meinen Augen wirken diese meist so überzeugend, dass sie absolut authentisch wirken.
Die anderen Charaktere sind hingegen alle sehr flach gehalten. Hitler steht eben nur das Volk gegenüber, das unterschiedlichst reagiert. Diese Vielschichtigkeit war sehr interessant zu beobachten, vor allem weil sich die Meinungen während des Buches ändern.
Problematisch finde ich allerdings, dass man ab einem gewissen Punkt Sympathie für den Buchcharakter Hitler empfindet - da hat es mir sehr gut gefallen, dass die NPD gleichzeitig sehr stark kritisiert wird.

Handlung
Die Handlung ist in sich schlüssig und man fragt sich eigentlich die ganze Zeit über, wie es denn nun enden soll. Das tatsächliche Ende ist plausibel, aber nicht unbedingt nach meinem Geschmack. Es gibt zwar keine richtige Spannung, aber das Buch ist so unterhaltsam, dass man einen Drang verspürt weiterzulesen. Und dabei wird einem ganz viel Kritik vorgesetzt, die man auch erst einmal verdauen muss. Sehr interessant finde ich auch, dass der Autor am Ende eine Art Fazit zieht. In meinen Augen wirkt es dann so, als hätte er ein Dossier in seinem Roman verpackt, was ich richtig geschickt finde. Schließlich ist ein Großteil der Kritik nachvollziehbar und man sollte dringend darüber nachdenken, weswegen es doch gut ist, dass man mit einem Buch viel mehr Menschen erreicht.

Fazit
Viel Kritik wird sehr unterhaltsam verpackt, aber mit hohen Anforderungen an den Leser.