Rezension

Unterhaltsamer Reihenauftakt mit kleinen Längen, dem das Gleichgewicht zwischen Witz und Spannung gelingt

House of Ghosts - Das verflixte Vermächtnis - Frank M. Reifenberg

House of Ghosts - Das verflixte Vermächtnis
von Frank M. Reifenberg

Bewertet mit 4 Sternen

Die Cousine ist tot. Genauer gesagt, die Urgroßschwiegercousine Emilie Bauerfeind. Und sie hat ihren Verwandten, den Bowers, ihr Haus vererbt. Darüber sind Vater, Mutter, Melli und der kleine Bobby Bower sehr glücklich. Weil: „Erben“ bedeutet, dass jemand stirbt und alle traurig sind und kurz darauf sehr froh, weil sie die dollsten Dinge bekommen, die vorher dem Toten gehört haben. So hat sich die zwölfjährige Melli Bower das zumindest immer vorgestellt. Aber dann steht sie samt ihrer Familie vor einer großen, unheimlichen Villa, die aussieht, als würde sie gleich umfallen. Tolles Erbe! Und spuken tut’s auch. Na klasse …

Ach, was hatten wir Spaß mit den Bowers. „House of Ghosts – Das verflixte Vermächtnis“ ist der Auftaktband zu einer neuen Reihe von Frank M. Reifenberg für Kinder ab 10 Jahren, der für viel Heiterkeit bei uns zu Hause gesorgt hat. Die Geschichte wird von äußerst liebenswerten und noch dazu sehr schlagfertigen Figuren bevölkert, die sich höchst unterhaltsame Wortgefechte liefern. Auch ängstliche kleine Leseratten, die von unheimlichen Geschichten eher abgeschreckt sind, dürfen bereits auf den ersten Seiten erleichtert ausatmen. „House of Ghosts – Das verflixte Vermächtnis“ ist keine grob zusammengezimmerte, effektheischende Gruselgeschichte im Stile R.L. Stines. Freund und Feind, Spaß und Ernst halten sich hier die Waage. Reifenberg erzählt nicht, um allein den Herzschlag hochzutreiben, sondern vor allem mit Herz und Verstand. Und so soll es sein!

Das soll nun aber nicht bedeuten, dass die Geschichte so gar nicht gruselig ist. Das Buch hüllt die junge Leserschaft keineswegs 166 Seiten lang in eine rosarote Kaugummiblase aus Albernheiten. Unter die für Kinder beruhigende Riege freundlicher Buchgestalten mischen sich einige äußerst unheimliche Gespensterbegegnungen. Wohl dosiert mutet Frank M. Reifenberg seinen LeserInnen darüber hinaus einige, wenige traurige, historische Einblicke zu. Zur besseren Einschätzung für die Elternschaft: Melli erfährt von ihrem neuen Freund und Nachbarn Hotte von einer Geistererscheinung, die auf eine verstorbene Küchenmagd zurückzuführen ist. Diese hatte - aus Angst vor der Herrschaft – einst ihr totes Baby unter den Dielenbrettern eines Hauses versteckt. Oha! An dieser Stelle musste mein Sohn schlucken. Die Erklärung, wie das damals war, und dass eine Schwangerschaft eine Frau in echte Schwierigkeiten bringen konnte, liefert der Autor aber gleich mit. Ich mag jedoch nicht ausschließen, dass dieser Aspekt das eine oder andere Kind etwas länger beschäftigen könnte. Mein eigener Sohn fand diesen Teil der Geschichte zwar erschreckend, war jedoch auch neugierig und sehr interessiert an den historischen Gegebenheiten. In vertrauensvoller Atmosphäre ließ sich über das Thema dann ohne Ängste sprechen.

Frank M. Reifenberg lässt bedrohlichen Szenen stets ein vergnügliches Verschnaufen folgen. Insgesamt ist der Ton entspannt, ausgelassen und sogar etwas übermütig. Man kann sich einfach nicht wirklich lange fürchten, wenn in einer Geschichte sowohl Vater als auch Sohn ‚Bobby‘ heißen, weshalb der Papa ‚Big Bobby‘ gerufen wird und der Sohn - der besseren Unterscheidung wegen – ‚Bobbyboy‘. So hatten wir insgesamt sehr viel Spaß mit den Bowers. Gegruselt haben wir uns auch.

Ein einziges kleines Manko gibt es: Man merkt dem Buch an, dass es eine Vorbereitung auf weitere Bände sein soll. Das Augenmerk liegt auf der Einführung von Charakteren und Erklärungen rund um das Thema Geister, die in einigen Kapiteln meinem Empfinden nach zu lang geraten sind. Besonders die kursiv abgedruckten Ausschnitte aus dem „Handbuch der Spukerscheinungen“ könnten die Aufmerksamkeit der jungen Leserschaft herausfordern. Hier lässt sich vermuten, dass es in den Folgebänden dann etwas aktionsreicher zugehen wird, weshalb wir uns auf weitere Abenteuer bereits freuen. Da das Buch mit einem sehr gemeinen Cliffhanger endet, lassen diese hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten.