Rezension

Unterhaltung ohne Nachhall oder Da. So seid ihr.

Leere Herzen - Juli Zeh

Leere Herzen
von Juli Zeh

Deutschland, 2025 –it’s a suicide world. Merkel war einmal, mittlerweile regiert die BBB (Besorgte Bürger Bewegung) das Land, staatliche Organe weiten ihre Macht aus, alles ist auf Effizienz ausgerichtet. Die Menschen haben sich angepasst, jeder schaut zuerst nach sich und seinem Vorteil, Moral und Mitgefühl sind Mangelware, es regiert der Kommerz. Diejenigen, die sich ihre Emotionalität bewahrt haben, werden von jenen mitleidig als Träumer angesehen.

Das ist die Ausgangslage in Juli Zehs neuen Roman „Leere Herzen“, und eine ganz besondere Repräsentantin dieser veränderten Welt ist Britta, eine Therapeutin, die gemeinsam mit Babak, einem Computerspezialisten, eine Lifecoaching-Praxis, die „Brücke“ – oder sollte man es nicht lieber ein lukratives Business nennen? – betreibt. Babak sucht in diversen Foren im Netz nach potentiellen Selbstmördern, denen Britta eine Therapie nach ihrem selbst entwickelten Stufenprogramm anbietet. Vordergründig scheint es, als wolle sie ihnen die Lebensfreude zurückgeben. In Wirklichkeit geht es ihr darum, die hundertprozentigen Kandidaten herauszufiltern, die sie dann gegen ein fürstliches Salär als Selbstmordattentäter an die entsprechenden Organisationen vermittelt, die eine gewaltsame, öffentlichkeitswirksame Aktion für das Erreichen ihrer Ziele im Visier haben. Terroraktionen als kontrollierte, gewinnorientierte Aktionen. Coole Sache in den Augen der einen, Menschenverachtung par excellence in den Augen der anderen. Das Geschäft floriert, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als die „Empty Hearts“ auftauchen und der „Brücke“ die Klienten abfischen…

Vor allem unter dem Eindruck des Wahlergebnisses der AfD und dem allgemeinen Rechtsruck in Europa und der Welt ist es ein erschreckendes Szenario, das uns Juli Zeh in „Leere Herzen“ präsentiert. Protagonisten, die rational kalt agieren, ohne einen Funken Empathie. Wenn Zweifel am individuellen Handeln, dann nur im Geheimen und sofort wieder überlagert von rationalen Überlegungen, kalte, leere Herzen eben. Und ebenso unterkühlt hält Zeh den Leser auch auf Distanz, der die Personen und deren Agieren relativ emotionslos verfolgt. Zwar verfolgt man den Handlungsverlauf interessiert und stellenweise auch schockiert, aber im Wesentlichen bleibt man doch ein unbeteiligter Beobachter, der keine Partei ergreift.

Verglichen mit den anderen Veröffentlichungen der Autorin kommt dieser Roman allerdings recht schlicht und sehr klischeehaft, fast schon eindimensional daher. Das mag zum einen an der Dialoglastigkeit, zum anderen aber auch an der handlungsorientierten Story liegen – beides lässt wenig Raum für Reflektion innerhalb des Textes. „Leere Herzen“ ist ein Roman, ein Gedankenspiel, das unterhält. Schnell gelesen, aber ohne besonderen Nachhall, und deshalb auch schnell wieder vergessen.