Rezension

unterkühlt ironisch, freundlich und klug

Der Pfau - Isabel Bogdan

Der Pfau
von Isabel Bogdan

Bewertet mit 5 Sternen

Trotz großartigem Lesevergnügen zeigt sich erst am Ende, wie genial rund das Buch tatsächlich ist. Isabel Bogten spinnt eine Geschichte, die sich außerhalb des Buchs in Lesers Kopf fortsetzt.

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Trotz großartigem Lesevergnügen zeigt sich erst am Ende, wie genial rund das Buch tatsächlich ist. Isabel Bogdan spinnt eine Geschichte, die sich außerhalb des Buchs fortsetzt.

Das Ehepaar McIntosh hat einen Teil ihres idyllischen und abgelegenen schottischen Herrenhauses zu Ferienwohnungen umgebaut. Wegen der immensen Kosten des ehrwürdigen Gebäudes sind sie auf die Mieteinnahmen angewiesen. Da passt es nicht besonders gut, dass einer der Pfauen beginnt, auf alles, was blau ist, einzuhacken. Zunächst attackiert er das Auto eines Ehepaares. Nach deren Abschied reist für ein Wochenende eine Gruppe von Investmentbankern aus London an. Ausgerechnet das Auto der Chefin zieht diesmal den Zorn des Tieres auf sich, dabei hatten sich die McIntoshs von dem Besuch dringend benötigte Empfehlungen erhofft.

Isabel Bogdan hat in leisem, unterkühlt ironischem Erzählstil eine Geschichte erfunden, die trotz skurrilster Ereignisse aus dem Stoff Realität geschaffen scheint. Unter fast gänzlichem Verzicht auf direkte Rede bringt sie ihre Menschen in Interaktion und beobachtet sie wohlwollend, wodurch sie zunehmend liebenswert und vertraut erscheinen. Und mehr, sie weiß, was in ihnen vorgeht, kennt ihre Freuden, ihre Konflikte, ihre Gedanken und teilt uns alles freimütig mit. 

Die Personen hingegen sind weit weniger mitteilungsbedürftig. Sie haben ihre Geheimnisse, die sie aus jeweils gutem Grund vor den anderen verbergen. Nichts wirklich großartig Wichtiges, dennoch würde man sich anders verhalten, wenn man das eine oder andere besser wüsste. 

Das schottische Hochland rückt sehr nahe. Kälte, Ageschiedenheit, das ganze urige Ambiente wird so gut vermittelt, dass man hin- und hergerissen ist zwischen dem Wunsch, sofort dort sein zu wollen, und der Erleichterung, sich gerade in komfortabler und wohl temperierter Umgebung zu befinden.

Alles, was geschieht, wirkt von langer Hand vorbereitet und tritt daher dann, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, beinahe zwangsläufig ein. Die Entwicklungen, so absurd sie oft sein mögen, haben eine logische Dynamik. Nichts Überflüssiges ist zu finden, nichts fehlt. Jedes Detail hat seinen Platz und seine Funktion.

Wie rund die Erzählung wirklich ist, tritt am Ende zutage. Eine Wirkung setzt ein, die über die tatsächlichen Seiten weit hinaus weist. Also ein kurzes Buch mit einem langen Ende. So lang, dass es gar nicht in das Buch hineinpasst, sondern sich in Lesers Kopf fortsetzt.

Das Buch ist ein einziges Vergnügen. Dauerschmunzeln ist angesagt, zwischendurch auch herzhafte Lacher. Steigern ließe sich das Wohlbefinden vielleicht durch das Lesen vor knisterndem Kamin und gleichzeitigen Genuss eines Glases Drambuie.