Rezension

Unvergessliches Leseerlebnis voller Spannung und Rätsel!

Wenn du vergisst - Heidrun Wagner

Wenn du vergisst
von Heidrun Wagner

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext

„Stell dir vor, du wachst auf und weißt nicht mehr, wer du bist.
Stell dir vor, deine Zeichnungen zeigen Erinnerungssplitter voller Schmerz und Dunkelheit.
Stell dir vor, du hast ein Geheimnis, das dein ganzes Leben zerstört hat.
Stell dir vor, du könntest mit jemandem noch einmal neu anfangen.
Würdest du dich erinnern wollen?

Revolutionär neu und anders: In "Wenn du vergisst" erzählen Text und Bild die
Geschichte von Zoe, die sich von einem Tag auf den anderen an nichts mehr erinnern kann, gemeinsam.“

 

Gestaltung

Die Gestaltung des Covers passt sehr gut zum Inhalt, weil die Zeichnungen, die im Hintergrund zu sehen sind, auch im Buch auf den einzelnen Seiten wiederzufinden sind und eine große Rolle spielen. Das Cover wirkt mädchenhaft, aber mir gefällt es, da es den Charakter der Geschichte einfängt und bereits Hinweise auf die besondere Verbindung von Bild und Text gibt. Nur das Mädchen in der linken Ecke, das so aussieht als wäre es aus Zeitungsschnipseln, gefällt mir von den Konturen her nicht ganz so gut, da der Zopf und die Arme etwas seltsam aussehen.

 

Meine Meinung

In „Wenn du vergisst“ geht es um Zoe, die ihr Gedächtnis verloren hat und sich an rein gar nichts aus ihrem Leben erinnern kann, nicht mal an ihren Namen. Sie wird von Elias gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Dort kümmert sich der Pfleger Niklas um sie. Zu beiden jungen Männern entwickelt Zoe Zuneigung, doch sie merkt auch, dass gerade Elias mehr über sie zu wissen scheint, als er zugibt. Zoes einziger Anhaltspunkt, um sich zu erinnern, sind ihre Zeichnungen, denn immer wieder malt sie seltsame Bilder, die mit ihrer Vergangenheit zu tun haben könnten…

 

An „Wenn du vergisst“ reizte mich vor allem die vom Verlag beworbene „revolutionäre“ Verbindung von Text und Bild und ich muss sagen, dass genau das wirklich den Reiz dieses Buches ausmacht! Auf jeder Seite gibt es am Rand oder hinter dem Text kleine und auch größere Zeichnungen, Wortfetzen oder beispielsweise auch handgeschriebene Briefe zu entdecken. Die Zeichnungen sind dabei super in das Buch eingebunden, da manche von ihnen vorher im Text beschrieben wurden, wenn Zoe sie gemalt hat, und ich als Leserin diese Zeichnungen dann direkt auf der jeweiligen Seite bewundern konnte. Die gerade beschriebene Zeichnung wird auf der Seite sofort verbildlicht, sodass ich direkt sehen konnte, was die Autorin gemeint/beschrieben hat. So wurde das Leseerlebnis viel intensiver, da die Zeichnungen die Fantasie anregen und ein Teil des Textes somit real wird. Das war wirklich neuartig, besonders und hat sehr viel Spaß beim Lesen gemacht.

 

Leider muss ich aber auch sagen, dass manche Zeichnung das Lesen erschwert hat. Gerade solche Bilder, die komplett über eine ganze Seite oder sogar eine Doppelseite gingen, haben den Text schwer lesbar gemacht, da schwarze Farbe auf graumeliertem Hintergrund nicht besonders gut zu lesen ist. So musste man die Buchstaben manchmal entziffern und auch das Bild war nicht besonders gut zu erkennen.

 

Der Schreibstil hat mir insgesamt gut gefallen, war aber doch etwas gewöhnungsbedürftig. Gut gemacht war, dass der Schreibstil vor allem zu Beginn zu der Situation der Protagonistin passte. Die Sätze waren oft in Fragesätzen formuliert oder bestanden aus kurzen, abgehakten Sätzen, was die Gedanken von Zoe gut wiedergespiegelt hat. Die jugendliche Sprache (Wörter wie Shit oder creepy) waren auch in Ordnung, auch wenn sie doch manchmal stark ins Auge stachen, wenn solche Wörter eben längere Zeit nicht mehr verwendet wurden und dann auf einmal doch wieder ein solches Wort auftauchte. Der Satzbau war allerdings ungewohnt, weil immer wieder der Satzanfang am Satzende wiederholt wird oder Sätze mittendrin beginnen oder aber Sätze einfach aneinandergereiht werden und manche Wörter von Satzgliedern (oder gleich ganze Satzglieder) fehlen. Insgesamt wirkte der Schreibstil auf mich etwas kindlich, was ich beim Lesen manchmal als komisch empfand.

 

Die Geschichte liest sich schnell weg, was zum einen daran liegt, dass durch die Zeichnungen manchmal gar nicht so viel Text auf einer Seite ist. Zum anderen liegt es aber auch an der Geschichte, da der Leser gemeinsam mit Zoe herausfinden möchte, wer sie ist, was dazu geführt hat, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat und welche Geheimnisse vor ihr verborgen werden. Gerade der letzte Punkt sorgt für einiges an Spannung und Rätselraten, da die Personen, die Zoe umgeben, alle ihre eigenen Geheimnisse zu haben scheinen und vieles vor der Protagonistin verbergen. So scheinen nicht nur Niklas und Elias mehr über Zoe zu wissen als sie zugeben möchten, sondern auch Zoes Eltern, die sie aus dem Krankenhaus abholen, verbergen vieles vor ihr!

 

Das Buch ist sehr rätselhaft sowie geheimnisvoll und hat so dafür gesorgt, dass ich die Geschichte kaum aus der Hand legen konnte. Zwar habe ich schnell eine Vermutung gehabt und vorhergesehen, was es mit der Heimlichtuerei von Zoes Eltern auf sich und die sich am Ende auch bestätigt hat, aber das tat dem Spaß beim Lesen keinen Abbruch. Die seltsamen Reaktionen der Personen aus Zoes Umfeld, ihr sehr unpersönliches Zimmer zu Hause, die abweisenden Reaktionen ihrer Mutter, die Andeutungen von Niklas, Elias seltsames Verhalten…das alles führt dazu, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Und schließlich endet das Buch auch so offen und mit so vielen Möglichkeiten, wie die Geschichte weiter gehen könnte, dass ich unbedingt wissen möchte, wie es im zweiten Band weiter geht!

 

Etwas gestört hat mich allerdings die Beziehung zwischen Zoe und Elias. Es deutete sich schon direkt zu Beginn an, dass zwischen ihr, Elias und Niklas eine kleine Dreiecksgeschichte entsteht, aber kurz nach der Hälfte des Buches hat Zoe sich komplett an Elias gebunden. Sie haben sich geküsst und dann war Zoe urplötzlich mit ihm zusammen. Dies wurde dabei so dargestellt, als sei es die große, unendliche Liebe. Zoe hing nahezu an Elias und war wirklich blind vor Liebe. Das war viel zu abrupt und dann auch noch für die kurze Zeit, in der sie sich kennen, zu intensiv und krass. Eigentlich hat nur gefehlt, dass sie Elias einen peinlichen Pärchen-Spitznamen gibt.

 

Auch hat mich an dieser überstürzten Beziehung, neben der plötzlichen Intensität, Zoes Verhalten gestört. Sie ist auf einmal so verliebt in ihn, dass sie verschiedene Dinge komplett ignoriert oder vergisst. So beispielsweise, dass Elias mehr über sie zu wissen scheint und dass sie ihn darüber eigentlich ausfragen wollte. Dabei war ihr das zuvor so wichtig. Das war mir zu unrealistisch. Gefühle hin oder her, wenn man wissen möchte, wer man ist und da ist jemand, der das wissen könnte, dann fragt man denjenigen doch. Insgesamt hat Zoe sowieso teilweise ziemlich heftig reagiert und sich nicht nachvollziehbar verhalten, was Elias anging.

 

Fazit

Für mich war „Wenn du vergisst“ ein spannendes Buch, das mich an die Geschichte gefesselt, mich zum Rätseln angeregt und mir schöne Lesestunden beschert hat. Die Zeichnungen spiegeln genau das wieder, was gerade auf den Seiten geschieht und so sorgt die Kombination aus Bild und Text für ein unvergleichliches Leseerlebnis! Auch die Handlung ist aufgrund ihrer vielen Geheimnisse, die nur nach und nach aufgedeckt werden unglaublich spannend, auch wenn ich schon schnell geahnt habe, in welche Richtung sie sich entwickeln wird. Dennoch ist der Lesespaß hoch und gerade das Ende ist so offen und spannend, dass ich unbedingt den zweiten Teil lesen muss, um endlich zu erfahren, was genau mit Zoe geschehen ist. Kritisch war lediglich der etwas gewöhnungsbedürftige Schreibstil und die viel zu schnelle, viel zu intensive Liebesbeziehung zwischen Zoe und Elias.

Gute 4 von 5 Sternen!

 

Reihen-Infos

1. Wenn du vergisst
2. Brennt die Schuld
3. In deinem Herz