Vergnüglich
Bewertet mit 4 Sternen
Wer träumt nicht davon, eines Tages einen erfolgreichen Roman zu schreiben? Dazu braucht es entweder möglichst viel Selbsterlebtes, Talent und Disziplin, wie Hemingway meint oder wenigstens einen Einfall. Isabel Bogdan hatte einen! Er war sozusagen blau und kam in Gestalt eines Pfaus daher.
In den schottischen Highlands betreibt das moderne Lord und Ladypaar Fiona und Hamish McIntosh eine Art Ferienvermietung spartanischer Art. Eines Tages ... nun, was eines Tages geschieht, das soll der Leser höchstselbst entdecken. Aus einer Bagatelle eine originelle Geschichte zu machen, ist kunstfertig.
„Der Pfau“ ist eine ruhige Erzählung, die idyllisch Idylle beschreibt. Da passiert nicht viel, Leser/innen, die schnelle Entwicklungen brauchen oder gar Spannungsliteratur bevorzugen, kommen bei Isabell Bogdan nicht auf ihre Kosten. Sie ist eine Autorin der leisen Töne.
Die Erzählung in pastell ist amüsant, subtil, unterhaltsam, humorvoll und herzerwärmend, wenn man diesen Stil mag. Ihr Roman ist wie das Betrachten einer Landschaft. Die leisen Töne kommen aus der indirekten Beschreibung, die gänzlich auf Dialoge verzichtet. Das mag ich normalerweise nicht, aber Isabell Bogdan kann das und es passt. Ihr Personal ist liebenswert, besonders Hund Mervyn habe ich ins Herz geschlossen. Der Roman ist schnell gelesen, er ist keine große Literatur, überhaupt nicht, jedoch ein höchst vergnügliches Unterhaltungsdingens.
Ein Punkt geht flöten, weil die Autorin nicht darauf verzichten konnte, in political correctness wenigstens einem der Protagonisten eine homosexuelle Ehe anzuschreiben. Bei dem doch recht geringen Prozentsatz der homosexuellen Menschen in der Bevölkerung empfinde ich es als aufgesetzt, dass kein Buch mehr auskommt, ohne seinen Standpunkt diesbezüglich auszudrücken, selbst wenn die Handlung es eigentlich nicht hergibt wie hier.
Fazit: Vergnüglich und sehr gut geschrieben.
Kategorie:
In: Anspruchsvolle Literatur: 1
In: Gute Unterhaltung: 5
Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2016
Kommentare
E-möbe kommentierte am 07. Juni 2016 um 10:07
Wenn das nicht gemein ist, jemandem Punkte für political correctness abzuziehen, dann weiß ich auch nicht weiter ...
Naibenak kommentierte am 08. Juni 2016 um 10:17
Sehr schöne Rezi, Wanda! Freut mich, dass du dieses Büchlein auch so genießen konntest! Über den Grund deines Punktabzugs bin ich aber etwas irritiert. Ist mir überhaupt nicht so "aufgestoßen" wie dir, wohl auch, weil ich mit meiner Lektüre in den letzten Monaten/Jahren nicht diese Erfahrungen gemacht habe...
wandagreen kommentierte am 11. Juni 2016 um 16:54
Man braucht heutzutage einen Schwulen oder eine Lesbe irgendwo - und wenn es nur zwei Sätze sind! Das ist ärgerlich!
Naibenak kommentierte am 11. Juni 2016 um 18:53
Hmm...wie gesagt, diese Erfahrung kann ich nicht teilen.