Rezension

Verloren in Kenias Staub

Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor

Der Ort, an dem die Reise endet
von Yvonne Adhiambo Owuor

„Er springt über zwei flammend rote Blüten auf dem nackten, rissigen Gehsteig. Aufgeschreckt entfalten sie sich zu festlich orange-schwarzen Schmetterlingen, die sich in den violetten Schatten eines smogverkrusteten Jacarandabaums flüchten.“

Er, das ist Odidi, in den letzten Minuten seines Lebens, kurz bevor er erschossen wird. Sein Tod führt seine Schwester Ajany, eine Künstlerin, von Brasilien zurück nach Kenia. Dort trifft sie Isaiah Bolton, einen jungen Engländer, der sich von Odidi Auskunft über den Verbleib seines Vaters erhoffte. Unterdessen zerbröckelt durch Odidis Tod der Rest von der Ehe seiner Eltern und noch andere leiden unter dem Verlust. Ihre Trauer, zwischen Verzweiflung, Versteinerung und wildem Aktionismus ist das Hauptmotiv des Buches. Jeder für sich versucht, kaum durch familiären oder freundschaftlichen Rückhalt gestärkt, Odidis Tod zu verwinden. Die jungen Leute sind dabei Opfer der Geschichte ihrer Eltern und der Vergangenheit Kenias, die von allen bislang eher verdrängt wurde und nun wieder ans Tageslicht drängt.

Meine Kenntnisse über die Vergangenheit Kenias und die Geschehnisse dort im Zuge und seit der Unabhängigkeit sind bestenfalls rudimentär, so dass ich bei den Rückblicken in die 1960er Jahre meist das Gefühl hatte, dass mir die Ursache für das beschriebene Geschehen, insbesondere die Differenzen zwischen den Parteien und Volksgruppen fehlen würde, mit mehr Vorkenntnissen wäre mein Eindruck sicher mehr in die Tiefe gegangen. Aber auch so war es unübersehbar, dass Gewalt, Folter und Tod regierten und es dominiert der Eindruck einer wirklich schrecklichen Zeit, deren Folgen bis in die Gegenwart hineinreichen. Am Ende bietet Owuor ihren Figuren die Hoffnung, die Vergangenheit zu überwinden und Unrecht zu vergeben und ich vermute, dass das auch die einzige Hoffnung ist, die Kenia bleibt, wenn es eine Zukunft haben will.

Obwohl mir das Buch gut gefiel, habe ich für meine Verhältnisse sehr lange daran gelesen. Es erforderte relativ viel Konzentration und Ruhe, zum Einen um bei den Zeit- und Perspektivwechseln nicht den Überblick zu verlieren, aber auch, weil ich nur so die sehr bildhafte und blumige Sprache genießen konnte (sofern man bei den dargestellten Schrecken davon sprechen kann) und ich letztlich dann so manches Mal vollständig und ziemlich atemlos in der Erzählung abtauchte.