Rezension

Verschenktes Potenzial

Ananda - Beta - Rachel Cohn

Ananda - Beta
von Rachel Cohn

BETA hat bei mir sehr gemischte Gefühle hinterlassen. Einerseits finde ich das Konzept und das Setting echt gut, andererseits hat die Protagonistin mich am Ende in die Verzweiflung getrieben und die Liebesgeschichte fand ich leider nicht besonders überzeugend.

Der Einstieg in das Buch ist mir sehr leicht gefallen. Elysia ist anfangs noch etwas befremdlich, weil ihre Denkweise sehr steif ist und sie erst genau lernen muss, wie man sich als normaler Jugendlicher verhält, doch mit der Zeit wird sie immer sympathischer. Sarkasmus kennt sie zunächst nicht, ebenso keine Witze - sie muss beides erst erlernen. Es war lustig mit anzusehen, wie sie sich anfangs angestellt hat und in einige Fettnäpfchen getreten ist. Der Schreibstil der Autorin ist einfach, lädt aber auch zum Lesen ein. Sie umschreibt mit nur wenigen Worten recht komplexe Szenen, was mir wirklich gut gefallen hat, da es ihnen dennoch nicht an Details mangelt.

Die Seiten sind nur so dahingeflogen, weil ich mehr über diese perfekte Welt erfahren wollte (in der fast alles rosa zu sein scheint) und in der ebenso scheinbar perfekte Menschen leben und sich von Klonen bedienen lassen. Schnell wird klar, dass nicht nur Elysias neue "Mutter" ein bisschen spinnt, sondern auch einige andere Bewohner. Vor allem das Verhalten der Jugendlichen fand ich einfach schrecklich. Sie kamen mir alle total "hohl" vor, nicht im Sinne von blöd, sondern dahingehend, dass sie ohne Charakter und wirkliche Ziele sind. High werden und sich verwöhnen lassen steht bei ihnen ganz oben. Ich weiß, dass das von der Autorin bestimmt so gewollt ist, aber ich war dennoch ziemlich genervt davon. Auch ihr Umgang mit Elysia, dem "Spielobjekt" fand ich ziemlich schnell gar nicht mehr lustig. 

Ebenso verhält es sich bei den Erwachsenen. Arroganz ist gar kein ausreichend beschreibender Ausdruck für ihr Verhalten. Geld regiert die Welt und wer Geld hat, darf tun und lassen, was er will... Eine furchtbare Einstellung mit Ausmaßen, die schrecklich sein können. 

Trotz Elysias "Programmierung" verhält sie sich anders als die Jugendlichen auf der Insel. Sie hat andere Werte und ist als Klon weniger "hohl" als die echten Menschen. Dass sie Gefühle empfindet, sollte eigentlich nicht sein, aber sie merkt schnell, dass es ihr ganz neue Möglichkeiten bietet, dass es sie aber auch in Gefahr bringen kann. Anfangs ist sie noch ziemlich verwirrt darüber, aber bald gesteht sie sich ein, dass sie etwas Besonderes ist. Sie muss verbergen, wie sie ist, will es aber eigentlich gar nicht. Sie will nicht als "Sklave" leben müssen, sie will ihr eigenes Leben haben. 

Sie erinnert sich an Bruchstücke des alten Lebens ihrer First, dem Mädchen, von dem sie geklont wurde und verspürt auch einen Teil ihrer Gefühle. Sie will ein eigenes Individuum sein, mit einer eigenen Geschichte.

Bis zu diesem Eingeständnis vergeht einige Zeit, in der nicht viel aufregendes passiert. Dennoch wurde es nie langweilig und ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Dann baut sich langsam Spannung auf, je mehr man über die sogenannten defekten Klone erfährt. Scheinbar ist Demesne gar nicht so perfekt, wie es scheint. Nach und nach erfährt man immer mehr Geheimnisse und Details, die ein ganz neues Licht auf die Geschichte werfen und ich war regelrecht gefangen vom Buch, weil ich endlich die Hintergründe erforschen wollte. Was genau hat es mit den defekten Klonen auf sich? Gibt es wirklich "Rebellen" unter ihnen?

Ein wichtiger Punkt ist auch die Beziehung zwischen Elysia und Tahir, einem Jugendlichen von Demesne. Er ist anders als die meisten Jugendlichen, was man zwar merkt, aber in mir nicht diese unbändige Rätselfreude geweckt hat, wie es bei den anderen Geheimnissen der Fall war. Tahir war für mich leider genauso farblos wie die anderen Jugendlichen, wenn auch auf andere Art und Weise. Ich fand ihn leider überhaupt nicht sympathisch oder interessant, weswegen mir Elysias Gefühle leider ein Rätsel waren. Natürlich hatte ich am Ende mehr Verständnis dafür, nachdem ich erfahren habe, was es mit Tahir auf sich hat, aber überzeugt hat es mich nicht. Zumal Elysia dann am Ende noch etwas in Sachen "Liebesdreieck" unternimmt, worüber ich nur den Kopf schütteln konnte. Kam sie mir anfangs noch klug, und vernünftig vor, so hat sie mich am Ende doch echt überrascht, als sie sich wie eine berechnende Zicke aufführt.

Aber das beschränkt sich nicht nur auf Sachen Liebe, sondern auch auf den Höhepunkt der Spannung, wo ich ihre Handlungen einfach nicht mehr nachvollziehen konnte. Ja, es sind schreckliche Dinge mit ihr passiert, aber ihr "Ausraster" war für mich doch unverständlich. Das Ganze kam mir zu übertrieben vor.

Der Cliffhanger ist dann mal wieder aller erste Sahne. Er ist gemein und wirft Fragen auf, die wohl erst in einem der 3 Folgebände geklärt werden. Auch einige andere Dinge stehen noch offen, vor allem in Bezug auf den Weltentwurf in BETA. Ich befürchte, ich kann gar nicht anders, als auch den nächsten Band zu lesen.
 

Fazit

BETA bietet einen interessanten Weltentwurf und eine neue Idee, die eigentlich wirklich gut umgesetzt worden ist. Demesne ist eine einzigartige Insel, die viele Geheimnisse birgt, von denen ich einige schon mit viel Spaß erforschen konnte. Allerdings haben der krasse Wandel der Protagonistin zum Ende hin, die relativ blassen Charaktere und die nicht überzeugende Liebesgeschichte meinen Lesespaß gemindert. Ich drücke die Daumen, dass es in Band 2 wieder bergauf mit Elysia geht, weil das Ende einfach so geschrieben ist, dass man quasi weiterlesen MUSS.

3 Pancakes für BETA, in dem noch viel Potenzial steckt.