Rezension

Verschwenderisch illustriertes Steampunk-Abenteuer im 23. Jahrhundert

Timeless - Retter der verlorenen Zeit
von Armand Baltazar

Bewertet mit 4 Sternen

Wir sind im 23. Jahrhundert in New Chicago. Weil die Menschen zu intelligent waren, hatten sie den Untergang der uns bekannten Welt verursacht. Nach der Zeitkollision erhielt die Erde eine zweite Chance. Mit neu zusammengefügten Kontinenten durfte sie weiter existieren. (Im weiteren Lauf der Geschichte lässt sich der neu zusammengepuzzelte Kontinent auf einer Landkarte betrachten.) Menschen und Lebewesen aller Zeitalter leben nun auf der Erde. Dinosaurier, Mammuts, Figuren aus dem viktorianischen Zeitalter und aus unserer Epoche treffen im Roman auf Technologien der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Epochen verläuft nicht konfliktfrei, wie der Held der Geschichte bald erfahren wird. Die Zeitkollision hat das Magnetfeld der Erde verändert, so dass die letzten erhaltenen Geräte des 21. Jahrhunderts nun mit Technologien früherer Epoche betrieben werden müssen. Für die Anpassung von Kommunikation und Fortbewegung braucht die Welt von „Timeless“ Spezialisten wie Diego und Santiago Ribera.

Hauptfigur der Geschichte ist der 13-jährige Diego. Diegos Vater war schon immer ein legendärer Visionär und ein begabter Schrauber, der seine Hände nie in ölfreien Zustand brachte. Diego hat offenbar Vater Santiagos Talent als Maschinenflüsterer geerbt. Deshalb muss er sein Geburtstagsgeschenk auch selbst fertig montieren, ein Hoverboard, das mit Magnetsohlen und einem Dampfrucksack angetrieben wird. Auch wenn Diego in seinem Sohn den Nachfolger sieht, ist der Vater sich bewusst, dass ein Jugendlicher auf sozialem Gebiet noch viel zu lernen hat, ehe aus ihm ein begabter Erfinder werden kann.

Als das Aeternum (samt seinen Sturmrobotern) als feindliche Macht alle Ingenieure entführt, um sich ihr Fachwissen anzueignen, sind es allein Diego, die gleichaltrigen Lucy, Paige, Petey und die Hündin Daphne, die die Gefangenen befreien könnten. Diego wird aufgrund seiner Fachkenntnisse gebraucht und weil nach dem Angriff des Aeternums kaum noch Techniker zur Verfügung stehen. Ein spannendes Abenteuer beginnt, das den Jugendlichen eine Begegnung u. a. mit Piraten, einem Zeppelin und angriffslustigen Dinosauriern bringt.

„Timeless“ ist als Serie geplant und hat eine faszinierende Entstehungsgeschichte. Armand Baltazar hat u. a. für Pixar gearbeitet und legt hier eine imponierende Anzahl von Illustrationen vor, viele davon doppelseitig. Dass ein Roman verschwenderisch illustriert ist, lässt nicht automatisch seinen Plot funktionieren. Auch wenn Baltazar die Geschichte für seinen Sohn entwickelt hat, hat er spürbar wenig Erfahrung als Kinderbuchautor. Die Geschichte wurde zu den Illustrationen verfasst, so dass vieles nicht mehr beschrieben werden muss, dessen Botschaft bereits durch die Abbildung vermittelt wird. Eine eigene Spannungskurve fehlt der Handlung, die den Leser nach jeder Unterbrechung ungeduldig zum Buch greifen lässt, um endlich zu erfahren, wie es weitergeht. „Timeless“ fördert durch den Epochen-Mix zweifellos Gespräche zwischen lesenden Eltern und Kindern. Auch wenn mir die Steampunk-Thematik und die Illustrationen ausgesprochen gut gefallen haben, fehlt mir in Baltazars Botschaft an seine Hauptfigur Diego die Konsequenz. Er lässt Diego die Erfahrung machen, dass er als technisches Wunderkind allein ohne ein Team wenig erreichen kann. Dass Diego in seiner dominanten Rolle die Nebenfiguren des Romans stark an die Wand spielt, widerspricht dieser Einsicht. Man erfährt z. B. nicht, was Paige nun genau an Bord des Piratenschiffs lernte, um wie die anderen Jugendlichen für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten. Hoffen wir, dass sie in einer Fortsetzung noch zu einem Auftritt kommt.

Ein verschwenderisch illustriertes Steampunk-Abenteuer, dessen Handlung gegenüber den Illustrationen abfällt.