Rezension

Vertiefung der Wissenschaft aus 'Das Einstein Enigma'

Der Schlüssel des Salomon - J. R. Dos Santos

Der Schlüssel des Salomon
von J. R. Dos Santos

Bewertet mit 2.5 Sternen

"Wissenschaft ja, Belletristik ist nicht Dos Santos Stärke. Lesenswert auf jeden Fall, aber kein guter 'Roman'." - So endete vor fast einem Jahr meine Rezension zu 'Das Einstein Enigma', dem ersten Buch aus der Feder J. R. Dos Santos und der Vorgänger von 'Der Schlüssel des Salomon'. Und der Satz trifft, sogar noch mehr, auch auf sein zweites Buch zu.

Wieder wird Kryptanalyst und Geschichtsprofessor Tomás Noronha in eine Geschichte mit der CIA verwickelt. Diesmal wird er (ähnlich Robert Langdon in Sakrileg) für den Mörder eines hohen Tieres bei der CIA gehalten, weil die gefundene Leiche einen Zettel mit seinem Namen in der Hand hält. Aus welchen erfundenen Rachegründen auch immer - die CIA will Tomás daraufhin umgehend unschädlich machen, merkt aber auf halben Weg, dass er ja vielleicht auch etwas über das geheimnisumwobene 'Quantenauge' des Verstorbenen wissen könnte. Tomás flüchtet vor der CIA und versucht gleichzeitig, zu ergründen, was der Verstorbene ihm wohl mitteilen wollte. Das Psi, ein Zeichen für die Wellenfunktion der Quantenphysik ist dabei das erste Anhaltszeichen. Da Tomás einige Jahre zuvor bereits von der CIA in einen Fall verwickelt wurde, in dem es ebenfalls um Quantentheorie und die Theorie von Allem ging, ist er inzwischen ziemlich bewandert auf dem Feld. Zum Glück hat er mit der Leiterin des Seniorenheims seiner Mutter eine immer geduldige Zuhörerin bei sich.

Die Stärke des ersten Teils ist auch die Stärke des zweiten - die Wissenschaft. Dos Santos ist offenkundig selbst fasziniert von den geschilderten Theorien und legt Wert darauf, klarzustellen, dass die in den Büchern geschilderte Theorien genau so von namhaften Wissenschaftlern vertreten werden und dass die in den Büchern zu lösenden Mysterien echte Rätsel sind. Hier ist es z.B. die Kryptos-Skulptur auf dem Langley-Gelände, die zum Teil der Geschichte wird. Dadurch wird der Leser zu eigenen Recherchen inspiriert und erhält Einblicke in aktuellste Theorien, die sonst nur einem kleinen, gebildeten Kosmos vorenthalten zu sein scheinen.
Im Vergleich zu 'Das Einstein Enigma' scheint 'Der Schlüssel des Salomon' jedoch nur ein Spin-Off zu sein. War Quantentheorie dort nur eine von vielen Theorien, die alle miteinander verwoben wurden, geht es hier eigentlich nur um das Thema. Dadurch, dass außerdem nur noch Tomás zu Wort kommt und keine anderen Wissenschaftler mitreden dürfen, wird die Eindimensionalität der wissenschaftlichen Seite des Romans noch hervorgehoben. Lediglich zu Beginn geht es mit Nahtoderfahrungen auch um einen anderen Aspekt (und jemand anderes als Tomás kommt zu Wort), die Verbindung zu den später beschriebenen Theorien wird aber nicht gut herausgearbeitet. Ob es glaubhaft ist, dass ein Kyptanalayst auf einmal Koryphäe auf dem Gebiet der Quantenphysik ist, sei (bei aller persönlichen Leidenschaft und Interesse) mal dahingestellt.

Und wo der erste Teil schwächelte, macht es der zweite auch nicht besser. Die Story an sich (also der Agenten-Kram) ist wie im ersten Teil unlogisch bis hahnebüchen. Durch die Diskussion in der Leserunde kam bei mir zwischenzeitlich sogar der Gedanke auf, ob der Autor das wohl absichtlich so gemacht hat und das lustig sein soll. Falls ja, war es schlicht nicht lustig und überzeichnet genug. Wo Tomás im ersten Teil passiv durch die Geschichte stolperte und Glück hatte, hat man jetzt  den Eindruck, er redet sich permanent mit ellenlangen Monologen zur Quantentheorie raus, bis seine Gegenüber vergessen haben, was sie eigentlich von ihm wollten.

Dass der Protagonist von einem (für manche sympathischen) Trottel zu einem Besserwisser mutiert ist, tut der Story keinen Gefallen. Er weiß mehr über den verstorbenen CIA-Mann als dessen eigener Sohn und weil er seinen Verfolgern ständig alles erklären muss, wirkt die CIA als Ganzes ziemlich dumm, was dem Roman zusätzlich Glaubwürdigkeit entzieht.

Schade. Der letzte Roman lebte für  mich durch die unterschiedlichen Wissenschaftler und ihre Theorien. Jetzt ist nur noch Tomás übrig, dessen Wandlung zum Alleswisser für mich aber unglaubwürdig ist. Er erklärt nicht nur die Quantenphysik, sondern auch, was der Verstorbene dachte und wer er war. Too much.