Rezension

Verwirrend und spannend zugleich

DIE WAHRHEIT
von Melanie Raabe

Bewertet mit 4 Sternen

Eigentlicht müsste Sarah ein glückliches Leben führen, sie arbeitet gerne in ihrem Job als Lehrerin, hat einen achtjährigen Sohn, ein großes Haus und viel Geld. Doch ihr Ehemann Philipp wurde vor sieben Jahren bei einer Geschäftreise in Südamerika entführt, seitdem fehlt jede Spur von ihm. Langsam scheint es jedoch, als würde Sarah über ihren Verlust hinwegkommen und nimmt wieder am Leben teil, sie trifft sich mit Arbeitskollegen, hat eine beste Freundin gefunden und auch mit Mirko scheint es Aussichten auf eine neue Beziehung zu geben. Bis eines Tages ihr Telefon klingelt und man ihr mitteilt, man habe Philipp gefunden und er kehre nach Hause zurück. Sarah ist völlig überrumpelt und bei der Begrüßung am Flughafen steht ein Mann vor ihr, den sie noch nie gesehen hat. Aber woher weiß er soviel über sie? Wer ist er? Wo ist Philipp? Und vor allem, wer ist dieser Mann, der sich als Philipp Petersen ausgibt? Eine Suche nach der Wahrheit beginnt.
Meine Meinung:
Das Buch beginnt gleich mit dem Einstieg in Sarahs Versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen und der Schreibstil ist so prägnant, dass ich mich sehr schnell in der Geschichte befand. Die Sätze sind kurz und schnörkellos und vermitteln gleich ein gutes Bild von der derzeitigen Situation. Erzählt wird das ganze aus zwei Perspektiven zum einen die Sicht Sarahs und zum anderen die Sicht des Fremden. Dadurch bekommt man einen sehr guten Einblick in die Gedankenwelt der Beiden. Durch die kurzen Kapitel und der immer verworrener werdenden Gedanken der Beiden wird das Buch zu einem rasanten Pageturner, weil man einfach wissen muss wie es weitergeht. In meinem Kopf kreisten permanent die Fragen, wer sagt die Wahrheit? Wer ist der Mann? Ist Sarah doch nicht unschuldig? Wie ein Mantra spulten sich diese Fragen immer und immer wieder ab und so wurde ich völlig wirr im Kopf, weil ich einfach keine Ahnung hatte, wohin mich das alles führen sollte. Es schien, als gäbe es hier viele dunkle Geheimnisse, das gegenseitige Misstrauen der Hauptcharaktere, das durch die Ich-Erzählung noch umso eindringlicher wird, machte es noch undurchsichtiger für mich.

Die Hauptcharaktere sind hier eher undurchsichtig, denn auch wenn man Sarahs Perspektive verfolgen kann, so erfährt man recht wenig über die Person, die dort hintersteckt. Was allerdings zu den ganzen Rätseln perfekt passt und noch gleich mehr Fragen aufkommen läßt. Ich denke trotzdem, dass hier ein paar Hintergrundinfos zu ihrer Person das ganze noch ein wenig mehr intensiviert hätte, denn so blieb mir auch Sarah viel zu wenig greifbar und ich konnte mich kaum in sie und ihre Situation hineinversetzen. Auch der Fremde gibt wenig über sich preis, was dem ganzen Rätsel um die Vergangenheit natürlich noch eine große Portion Spannung aufsetzt. Die Nebencharaktere bleiben hier eine Nebensache, die allerdings mit bestimmten kurzen Passagen noch einmal zusätzlich für Verwirrungen sorgten.

Die ganze Handlung und Situation ist komplett verzwickt und Vieles, was wie ein großes Rätsel erscheint, bekommt eine simple Auflösung. Genau wie die Lösung um das Rätsel nach der Wahrheit zwischen Sarah und dem Fremden eine Auflösung bekommt, die mir nicht ganz so schlüssig erscheint und mich dann leider ein wenig ernüchtert hat.  
Mein Fazit:
Ein wirklich brillanter Schreibstil, der schnörkellos und eindringlich ist, kurze Kapitel und wechselnde Perspektiven und dazu noch ganz viele Rätsel und Geheimnisse lassen dieses Buch zu einem Pageturner werden. Ich selber habe das Buch an nur einem Abend komplett verschlungen. Die Charaktere bleiben komplett undurchsichtig und man erfährt sehr wenig, so dass ich wirklich nur noch wissen wollte, was denn nun wirklich passiert ist. Leider hat das Ende dann nicht den großen Aha-Effekt gehabt, sondern eher ein: hm, wirklich? Denn dieser Schluss klingt für mich nicht ganz nachvollziehbar. Trotzdem ist das Buch temporeich und ein spannendes Verwirrspiel, das ich gerne weiterempfehlen möchte.