Rezension

Viel Info verpackt in eine gute und solide Geschichte

Der Kaufmann von Lippstadt - Rita Maria Fust

Der Kaufmann von Lippstadt
von Rita Maria Fust

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch wird in 2 Handlungssträngen erzählt, einmal aus Sicht eines Kaufmanns im 18. Jahrhundert und einmal aus Sicht eines Studenten 2010.
Der Kaufmann Overkamp lebt in Lippstadt und sieht sich plötzlich mit einigen Problemen konfrontiert, die er auf ungewöhnliche Weise aus dem Weg schafft. Dieser Teil hat mir sehr gut gefallen. Er ist wirklich gut recherchiert und sorgfältig beschrieben. Dennoch nicht trocken. Allerdings kann ein völlig Geschichtsuninteressierter hier überfordert oder erschlagen sein. Hier ist es für mich kein reiner Unterhaltungsroman und er hat durchaus einen hohen Anspruch.
Der Student Oliver lebt in Lübeck und erbt von seiner Tante einen Brief, der ihn nach Lippstadt auf die Spur von Overkamp führt. Hier recherchiert er und findet einiges über den Mann und seine Geheimnisse heraus. Doch kann er auch klären, warum seine Großmutter diesen Brief  besaß?? Mir hat dieser Handlungsstrang in der ersten Hälfte des Romans nicht sonderlich gefallen, ich fand ihn zu platt und Oliver hat immer Dinge recherchiert und rausgefunden, die der Leser eigentlich schon kannte, nur wenige Details konnte er zur Geschichte beisteuern und macht an einer Stelle sogar eine Entdeckung, die dem anderen Handlungsstrang die aufgebaute Spannung zerstört. In der zweiten Buchhälfte bekommt Olivers Geschichte einen anderen Charakter, er handelt anders, beide Erzählungen laufen mehr Hand in Hand und Olivers eigene Geschichte bekommt mehr Farbe und Niveau. Über den Inhalt der 2. Oliver-Hälfte kann man sich sicher streiten, mir hat er aber gefallen.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen und würde es weiterempfehlen. Die geballten Informationen werden immer wieder von den eher unterhaltenden Oliver-Teilen unterbrochen, so dass man den Kopf etwas abschalten und das Gelesene gut verdauen kann. Stilistisch entwickelt sich die Autorin mit ihrem Roman und man kann erkennen, dass hier noch sehr viel Potential für sehr viel mehr gute (historische) Lektüre steckt. Und unter dem Aspekt, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt, kann ich nur sagen Hut ab und übersehen wir mal den Mainstream Einfluss in den genannten Passagen ;)