Rezension

viel Potenzial, aber nichts daraus gemacht

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor - Darcey Bell

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
von Darcey Bell

Bewertet mit 1.5 Sternen

Stephanie und Emily sind Freundinnen. Sie haben sich über ihre Söhne kennen gelernt, die in die gleiche Schule gehen und gute Freunde sind. Emily ist berufstätig und Stephanie holt deshalb manchmal beide Jungen von der Schule ab und passt auf Nicky auf, bis Emily ihn abholt. Eines Tages bittet Emily Stephanie mal wieder um diesen kleinen Gefallen. Allerdings wartet Stephanie vergeblich darauf, dass Emily kommt und Nicky abholt. Emily ist verschwunden …

 

In die Geschichte kommt man schnell herein. Die Charaktere sind sehr überschaubar, genauso wie die Handlungsorte und die Handlungen selbst. Insofern ist die Geschichte sehr minimalistisch gehalten. Die Persönlichkeiten der drei Hauptfiguren sind dann allerdings auch nicht so richtig ausgefeilt, sondern eher schlicht gehalten. Grundsätzlich sind alle normale, stinklangweilige Charaktere mit einem normalen Leben. Stephanie soll dann zwar etwas verrucht und böse erscheinen, weil sie lange Zeit einen Geliebten gehabt hat, mit dem sie besser nichts angefangen hätte und auch wusste, dass sie es nicht durfte, aber sogar dies fand ich eher belanglos und viel zu sehr aufgebauscht. Ich hatte den Eindruck, dass Stephanie versucht, sich damit wichtig und interessant zu machen, weil sie so ein großes Geheimnis hat. Auf mich wirkte es allerdings eher affig und machte sie mir noch unsympathischer, als sie schon war. Sie nimmt sich auch selbst viel zu wichtig und nimmt nicht unbedingt Rücksicht auf die Gefühle anderer. Ganz schlimm fand ich auch ihren Mami-Blog, mit dem sie immer wieder versucht, Aufmerksamkeit und Mitgefühl ihrer Leser zu bekommen.

 

Emily wurde mir dagegen anfangs fast sympathisch. Zur Charakterisierung fällt mir die Bezeichnung „böses Mädchen“ ein. Allerdings gab es da dann auch zu viel Langweiliges und sie tut Dinge, die einfach nicht zu ihr passen und die aufkommende Sympathie schnell wieder zerstören. Und ihre angebliche Liebe zu ihrem Sohn konnte ich ihr einfach nicht abnehmen. Dazu nimmt sie viel zu wenig Rücksicht auf ihn und scheint auch keine wirkliche Bindung zu ihm zu haben. Nicky scheint es auch kaum zu stören, dass seine Mutter verschwindet. Insgesamt spielen die Kinder, die eigentlich der Lebensinhalt ihrer jeweiligen Mutter sind, mir auch eine viel zu kleine Rolle in dem Buch.

 

Und wie die Charaktere ist dann auch die Handlung eher langweilig und sehr minimalistisch. Sie besteht eigentlich hauptsächlich aus dem Verschwinden von Emily – und anfangs darin, dass kaum einer sie sucht oder wirklich vermisst. Stephanies Suche beschränkt sich darauf, dass sie bloggt und am nächsten Tag mal bei Emilys Haus vorbei fährt. Die Polizei, die erst nach über einer Woche eingeschaltet wird, tut auch zunächst nichts und wird erst viel später tätig, ohne dass es für die Untätigkeit einen triftigen Grund gibt. Und weder den Ehemann noch den Sohn scheint das Verschwinden wirklich zu beeindrucken. Dies ist die Zusammenfassung des ersten Drittels des Hörbuches. Und auch danach kommt nie wirklich Fahrt auf. Das Ende fand ich dann ein bisschen verworren und nicht nachvollziehbar. Für mich lagen andere Möglichkeiten eigentlich viel näher und fast jede in der Hörrunde geäußerte Idee für ein Ende hat mir besser gefallen.

 

Den erzählenden Schreibstil konnte ich gut folgen, doch mir fehlte fast jegliche Art von Gefühl. Manchmal keimte ein bisschen davon auf, aber es war mir einfach viel zu wenig. Und die Blog-Einträge von Stephanie, die im ersten Drittel gefühlt die Hälfte des gesamten Buches ausmachten, waren mir einfach viel zu übertrieben und effekthascherisch.

 

Der Sprecherin Tanja Geke (Synchronstimme von Jane Rizzoli in der Serie Rizzoli and Isles) konnte ich sehr gut folgen. Ich mag ihre dunkle, leicht rauchige Stimme und wie sie versuchte, den einzelnen Personen ein bisschen Persönlichkeit zu geben und ihre Emotionen wieder zu spiegeln. Doch wenn die Geschichte einfach nicht viel hergibt, stößt auch sie an ihre Grenzen. So fand mein Freund, der große Teile mitgehört hat (mithören musste), sie dann auch relativ langweilig, wobei ich meine, dies lag eher an der Geschichte als an Tanja Geke.

 

Insgesamt fand ich die Geschichte relativ langweilig. Auf mich wirkten weder die Personen noch die Handlung richtig ausgereift oder durchdacht, obwohl viel Potenzial und gute Ansätze da waren. Dazu kommt, dass mir keine der Personen sympathisch ist. Die Sprecherin Tanja Geke fand ich dagegen sehr gut.