Rezension

Viele falsche Fährten und spannendes Rätselraten

Fünf - Ursula Poznanski

Fünf
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Windhauch strich über die Wiese, verwehte das Haar der Frau und legte ihr Gesicht frei. Die kurze, nach oben weisende Nase. Das Muttermal neben dem rechten Mundwinkel. Die viel zu blassen Lippen. Nur die Stirn blieb bedeckt, da, wo Haar und Haut mit Blut verklebt waren.
Langsam zerfaserte der morgendliche Nebel zu einzelnen Schleiern, die schließlich fortwehten und den Blick freigaben auf die Tiere und das ungebetene Geschenk, das man ihnen hinterlassen hatte.

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INHALT:
Auf einer Kuhweide wird eine Tote gefunden - mit Koordinaten auf den Füßen. Die Ermittler Florin Wenninger und Beatrice Kaspary wissen nicht, worauf sie sich einlassen, als sie diesen folgen. Denn am Fundort erwartet sie eine Box mit einer abgetrennten Hand darin, und von nun an gleicht die Tätersuche einem Katz-und-Maus-Spiel. Immer wieder werden gerade befragte Menschen getötet, immer wieder tauchen neue Gliedmaßen auf. Die Presse sitzt ihnen im Nacken, der Mörder scheint ihnen immer voraus zu sein und als ein weiterer Zeuge verschwindet, wissen Beatrice und Florin, dass ihnen die Zeit davon läuft...

MEINE MEINUNG:
Nachdem Ursula Poznanski sich mehrere Bücher lang eher im Genre der Jugendromane aufgehalten hat, ist "Fünf" ihr erster Thriller für Erwachsene. Dementsprechend blutig geht es teilweise zu, wobei dieser Aspekt jedoch nie überhand nimmt. Aber auch die Probleme und Lebensweisen der Figuren machen deutlich, dass das Werk eher für eine etwas ältere Zielgruppe gedacht ist. Der Schreibstil ist dabei gewohnt fesselnd und die Beschreibungen sind detailreich ohne auszuufern. Die Geschehnisse erfährt der Leser fast ausschließlich aus der personalen Sicht von Beatrice, zwischenzeitlich gibt es aber kleinere Einschübe anderer wichtiger Figuren.

Beatrice ist eine gewissenhafte, ordentliche Polizistin, die jedoch gleichzeitig auch mit ihren diversen persönlichen Problemen - ihrer Vergangenheit, ihrem Exmann, den Kindern - zu kämpfen hat, die sie immer wieder ablenken. Bei ihr funktioniert lange nicht alles so wie sie das gern hätte, aber gerade das macht sie überaus menschlich und somit zu einer Identifikationsfigur. Ihr Kollege Florin steht ihr immer zur Seite, ist fürsorglich und kümmert sich sogar darum, dass sie etwas isst, wenn sie es im Stress wieder vergessen hat. Zwar wirkt er zwischenzeitlich glatt schon zu perfekt, weil er an alles denkt, dennoch ist er ein sympathischer Kerl, den man schnell ins Herz schließt. Von den Nebencharakteren wirken insbesondere die Kinder sehr glaubwürdig, die nicht nur zu Statisten degradiert werden, sondern mitunter auch eine wichtige Rolle, auch für Beatrice' Verfassung, spielen.

Der Fall ist einer, der einen hervorragend dazu einlädt, mitzurätseln und über Motive, Verdächtige und Tote nachzudenken. Durch die des Öfteren aufkommenden Koordinaten müssen sich die Ermittler mehrmals auf die Suche nach neuen Hinweisen an den verschiedensten Orten machen - und kommen so eher ungewollt zum Geocaching. Dieses wird hier so spannend erklärt, dass man automatisch selbst Lust bekommt, sich auf ein Abenteuer zu begeben [sofern am Zielort dann keine Körperteile warten]. Ursula Poznanski schafft es bei alle dem, den Leser immer wieder auf falsche Fährten zu führen, mit Hinweisen zu ködern und Verbindungen ziehen zu lassen, die eigentlich gar nicht vorhanden sind. Langeweile kommt jedenfalls nicht auf!

Zum Ende hin werden die einzelnen Stränge dann sehr gekonnt verknüpft und so glaubwürdig in Verbindung gebracht, dass es einem regelrecht wie Schuppen von den Augen fällt. Zugegeben, komplett überzeugen konnte mich die Ausführung des Täters zuletzt nicht, weil doch einiges auf Spekulation basierte [vor allem die Rätsel, die dann zu den Zeugen und Fundorten führten], insgesamt ist die Auflösung aber nicht nur originell, sondern gibt sogar Aufschluss über die Psyche des Mörders. Und das Beste: Der Fall ermöglicht es dem Leser, auch Beatrice' Geheimnis zu erfahren, was sie einen gleich viel besser verstehen lässt. Da dürften weitere Aufklärungen von Morden mit ihr als Ermittlerin gleich doppelt so viel Spaß machen.

FAZIT:
Ursula Poznanski beweist auch in "Fünf", ihrem ersten Roman für Erwachsene, dass sie definitiv ein Händchen für spannende und schlüssige Thriller hat. Ihre originelle und durchdachte Geschichte reißt den Leser großartig mit und lässt bis zum Ende kaum jemals los. Wegen kleiner Kritikpunkte letztendlich 4 Punkte - und eine Empfehlung für Fans des Genres!