Rezension

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"Vienna calling" ....

30 Songs und eine Frau
von Christine Weiner

Bewertet mit 3 Sternen

"Eine Kiste voller Erinnerungen. Eine Wunschliste auf Kassette. Die Musik der 80er.

Ausbrechen! Anne sitzt in ihrem Auto. Wut im Bauch, Tränen in den Augen. Jetzt mit 50 erinnert sie sich an ihre Wünsche ans Leben. Mit 16 wollte sie reisen und verrückte Menschen kennenlernen. Dancing Queen sein, sie wollte Erdbeersektnächte und unter einem fetten gelben Mond tanzen. Ihre Ehe ist eingeschlafen, ihr Sohn flügge, ihre Mutter eine Nervensäge. Anne will das Gefühl von damals wiederfinden. Die vermeintliche Frauen-WG, in die sie sich einmietet, ist schon mal ein guter Anfang. Sie wird wie aus dem Ei schlüpfen, und wenn sie heimkommt, eine andere sein." (Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Der Schreibstil von Christine Weiner ist humorig und leicht und flüssig zu lesen. Der Unterhaltungswert des Romans ist sehr groß, die Idee auch recht witzig: Anne, eine Frau in den besten Jahren, befindet, dass ihr Leben so nicht weitergehen kann: Als Tochter und Untertanin ihrer Mutter hat sie zahlreiche Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, als diese in eine Seniorenresidenz einzieht; ihr Mann ist fast immer auf dem Golfplatz nach der Arbeit oder in einer Fortbildung, um beruflich vorwärtszukommen und die Brüder entziehen sich allen Pflichten, da die Tochter ja alles immer gut alleine hinbekommt - und das Elternhaus nun in Eigenregie mit der Freundin (Manu) auszuräumen hat: Hierbei fällt ihr ein Walkman bzw. eine Walkwoman und ein Mixtape in die Hände, zusammen mit einer Schneekugel aus Wien: Mit der Kaution für die werte Frau Mama, der "Fürstin" begibt sich Anne auf den Weg, nicht in das Seniorenheim, sondern auf die Autobahn in Richtung Wien - um das Gefühl ihrer Jugend und der Träume, die sie hatte, wieder zu erspüren..

Sie lernt zwei schräge Typen kennen, die in einer kleinen "Hausoper" als Künstler engagiert sind, kennen - und "Marlene & Greta" zeigen ihr auf ihre humorige und witzige Art, den "Wiener Schmäh" kennenzulernen - und Anne verliebt sich mehr und mehr in die Stadt: Hier lernt sie Seiten von sich kennen, die sie längst verschüttet wähnte, die aber immer vorhanden waren: Ihre wiedergewonnene Lebensfreude lässt sie über Wochen bleiben, bis sie weiß, dass sie die Aufgabe hat, sich selbst (wieder) zu finden, um ihre Jugendträume endlich leben zu können.

Uwe, ihr Mann sowie die Mutter von Anne machen in dem Roman ebenfalls eine wundersame Wandlung durch, die für mich persönlich etwas übertrieben wirkte: Mit viel Humor versteht es die Autorin, den emanzipatorischen Weg, den Anne nun beschloss, endlich zu bestreiten, zu zeichnen. Allerdings wirkte so manches auf mich etwas "drüber" und gleichzeitig fehlte mir etwas Tiefgang bei der Geschichte...

Nichtsdestotrotz, das erste Drittel hat mir gut gefallen - bis ich das Gefühl hatte, dass der Roman doch arge Längen hat und zeitweise etwas stereotyp auf mich wirkt: Die Romanidee finde ich gut, die Umsetzung recht witzig und größtenteils gelungen, manches jedoch etwas "tumb" und anspruchslos.

Fazit:

Bedingt empfehlen kann ich den Roman als Frauenroman mit emanzipatorischem Hintergrund, der einen hohen Unterhaltungswert mit skurrilen Protagonisten hat: Wer schräge, aber nicht allzu anspruchsvolle Lektüre mag, dem sei "30 Songs und eine Frau" empfohlen.