Rezension

Vom Accessoire zur Kämpferin ...

Ewig - Wenn Liebe erwacht - Rhiannon Thomas

Ewig - Wenn Liebe erwacht
von Rhiannon Thomas

Bewertet mit 4 Sternen

Aurora wird nach einem hundertjährigen Schlaf endlich erfolgreich wachgeküsst und steht einen völlig Fremden gegenüber. Prinz Rodric ist genauso perplex, wie sie, nur das er nicht an seinen Erfolg geglaubt hat und Aurora diesen Teil des Fluches irgendwie verpasst hat, den mit der ewigen Liebe. So wird sie ohne zu Fragen schnell in die Rolle der zukünftigen Braut gesteckt und wieder eingesperrt, dabei möchte sie doch wissen, was mit dem Königreich geschehen ist. Schnell wird aber klar, das, das regierende Königspaar sie nur als Schachfigur zur Sicherung ihres Besitzanspruchs benutzt und es dem Volk schlecht geht und Revolte in der Luft liegt. Aurora muss sich das Puzzle, der Gegenwart Stück für Stück zusammensetzten und entscheiden, was sie wirklich möchte. Kann sie ihrem Volk überhaupt helfen? Was ist mit Prinz Rodric und der Liebe? Und was möchte Aurora überhaupt?

Die Idee zum Buch, ein Märchen nach dem Happy End neu zu erzählen, fand ich mega spannend, neu und aufregend. Was ist, wenn sie aufwacht und den Prinzen einen Vogel zeigt? Oder zur Tyrannin wird? Oder einfach einen ganz anderen heiraten möchte? Oder sich umdreht und weiterschläft? Nun gut, das Letzte wäre schlecht, somit hätten wir ja nicht wirklich eine neue Geschichte. Aber solch einen Gedanken umzusetzen reizte mich doch sehr zum Lesen und Aurora aus dem Schlaf zu küssen, gibt der Autorin eine Menge Möglichkeiten.

Aurora wird also wachgeküsst und schreit beim Anblick des fremden Jünglings auf. Sie ist verwirrt, fühlt sich überrumpelt und kann dem Gestammel des Prinzen kaum folgen. Sie soll hundert Jahre geschlafen haben und die ganze Welt hat sich verändert. Ein harter Schlag und für unsere junge Heldin wird es nicht besser. Die Prinzessin ist genauso, wie man sie aus dem Märchen kennt, wohlerzogen, liebreizend, perfekte Manieren, nie zu viele Fragen stellen und sich immer schön fügen. Nur das mit der Liebe hat nicht so geklappt. So erwacht sie für ihr Happy End und landet in tiefster Finsternis aus Intrigen, Machtgerangel und Unterdrückung. Aber wie will so ein zartes Fräulein, was immer eingesperrt wird und keine Ahnung vom Hofgebaren hat, ihr Volk retten?

Das ist wohl die absolute Frage und dieser nimmt sich Rhiannon Thomas an. In Aurora fängt es nämlich an zu brodeln, sie möchte nicht eingesperrt werden und sie will wissen, was in ihrem Reich vorgeht. Außerdem ist doch sie die eigentliche Nachfolgerin, warum soll sie dafür heiraten. Diese Entwicklung ihrer Gedankenwelt wird ein bisschen durch die mitspielenden Männer gefördert und da hat sich die Autorin doch einige von ausgedacht. Zum Ersten haben wir den Prinzen Rodric, der unterdrückte Sohn, der Schüchterne und einer der trotz der Gewalt in seiner Umgebung, das Herz an der richtigen Stelle hat. Er glaubt mit dieser Heirat was Gutes zu bewirken, aber liebt er auch Aurora? Ich muss gestehen, ich liebe tragische Helden und mein Herz hat er, auch wenn seine Rolle nicht die ruhmreichste zu seinen scheint. Natürlich gibt es dann noch den Rebellen aus dem Volk, Tristan, denn Aurora auf einem Streifzug kennenlernt. Tja, und als ob das nicht schon reichen würde, kommt noch ein Dritter dazu und das ist der Prinz aus dem Nachbarreich, Finnegan. Er ist überheblich, von sich eingenommen, spitzzüngig und hat eine aalglatte Fassade, oder ist es eine Maske, die er trägt, um anderes zu verschleiern? Auf jeden Fall öffnet er Aurora die Augen über Hof und Politik. Drei ganz unterschiedliche Typen und der Letzte wird wohl einiges an Leserherzen bekommen.

So erleben wir also Auroras Entwicklung hautnah mit, fühlen mit ihr und können das Chaos in ihren Kopf nicht lindern. Ihre Zerrissenheit ist wirklich gut umgesetzt und ihre Machtlosigkeit spürbar. Das hat die Autorin wirklich richtig klasse erzählt und war aufregend zu lesen. Allerdings fehlte mir die Liebe, diese blieb total auf der Strecke und so war für mich der erste Band ein guter Einstieg, aber so ganz anderes als erwartet, denn der Klappentext war viel reißerischer, als die Geschichte und verriet für mich fast alles. So ließ sich dieses Buch zwar superschnell verschlingen, hatte aber auch einige Längen und Wiederholungen bezüglich Auroras Gefühlswelt. Zum Ende hin hatte Rhiannon Thomas aber noch so einige Überraschungen parat, sodass ich den zweiten Band herbeisehne und gespannt bin, wie sie das Umsetzen wird. Außerdem warte ich noch auf den einen magischen Kuss.

Ein interessanter Blick auf das Danach und die Suche nach dem eigenen Wünschen. Aurora möchte mehr, als nur ein nettes Accessoire sein und es lebe die Gleichberechtigung im Märchen. Neu, überraschend und noch lange nicht zu Ende. Aurora dreht jetzt erst richtig auf.