Rezension

Vom Kochen gegen die Leere

Der Geschmack der Sehnsucht - Kim Thúy

Der Geschmack der Sehnsucht
von Kim Thúy

In Vietnam geboren und im Alter von zehn Jahren mit ihrer Familie in den Westen geflohen – zumindest die geografischen Gegebenheiten hat die mittlerweile in Kanada lebende Autorin Kim Thúy mit Mãn, der Hauptfigur ihres neuen Romans „Der Geschmack der Sehnsucht“ gemeinsam.

Der Alltag in Vietnam wird durch den Bürgerkrieg bestimmt, und in dessen Wirren kann es schon einmal passieren, dass ein Kind bei einer Mutter landet, die es nicht geboren hat. So geschieht es Mãn, einem Mädchen, das nach zwei „Zwischenstopps“ endlich ein Heim bei einer Lehrerin findet, die Mutterstelle bei ihr einnimmt und für sie zur „Mama“ wird. Aber auch das ist keine Heimat für immer, denn als Mãn im heiratsfähigen Alter ist, drängt ihre „Mama“ sie in die Ehe mit einem wesentlich älteren Vietnamesen, der vor einiger Zeit nach Kanada ausgewandert ist. Mãn fügt sich und folgt ihrem Mann in das fremde Land.

Ihre einzige Ausdrucksmöglichkeit und die Verbindung zu ihrer Vergangenheit ist ihre Kochkunst, die weit über das hinausgeht, was von ihr in der Suppenküche ihres Ehemanns an Fertigkeiten gefordert wird. Sie experimentiert mit Aromen, mit Gewürzen und macht sich schnell in der Gastronomie-Szene einen Namen.

Aber die Leere in ihrem Innersten kann dies auch nicht füllen, denn ihre Ehe ist von Gleichgültigkeit geprägt. Erst als sie Luc kennenlernt, kommt sie allmählich mit ihren Emotionen in Kontakt und sieht, dass es von Liebe geprägte Alternativen zu ihrem bisherigen Leben geben könnte.

Kim Thúy erzählt in „Der Geschmack der Sehnsucht“ die Geschichte einer  Selbstfindung. Dazu braucht sie nur wenige Worte und sehr kurze Kapitel, wobei das Ungeschriebene, das, was zwischen den Zeilen steht, wesentlich interessanter ist. Die Protagonistin vergräbt ihre Emotionen, trägt sie nicht nach außen, legt aber ihre ganze Sinnlichkeit in das Zubereiten der verschiedenen Speisen. Diese offenbaren ihre Erinnerungen und ihre Seele und tragen unbewusst ihre verborgenen Wünsche an das Leben in die Welt.

Ein leises, poetisches Buch, dessen Schönheit und Intensität sich dem Leser erst nach und nach erschließt.

Kommentare

kommentierte am 25. März 2014 um 19:13

Eine sehr schöne Rezension, macht Lust das Buch zu lesen...