Rezension

Von Anfang an fesselnd, aber später etwas unübersichtlich

Die Geisterseher - Kai Meyer

Die Geisterseher
von Kai Meyer

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Die Geisterseher" ist ein historischer Roman, in dem die berühmten Gebrüder Grimm - hier in jungen Jahren - der Spur eines geheimnisvollen Manuskriptes von Friedrich Schiller folgen, das ihnen gestohlen wurde. Dabei geht es jedoch nicht immer mit rechten Dingen zu und die Brüder geraten mehr als einmal in große Gefahr.

An dem Buch gut gefallen hat mir, dass der Autor die damalige Zeit sehr überzeugend zum Leben erweckt. Der Ich-Erzähler, Wilhelm Grimm, schildert die Geschehnisse in einer etwas altmodisch anmutenden Sprache, die gut zum 19. Jahrhundert und auch dem Intellekt und Können seiner Person passt. Kleine Anmerkungen des Erzählers, dass er sich über gewisse Begebenheiten gerne ausschweigen möchte, verstärkten den Eindruck, dass eine reale Person die Ereignisse zusammenfasst, noch. Das hat auf jeden Fall dazu beigetragen, mich in die Geschichte hineinzuversetzen, da sie so gleich authentischer wirkte. Auch mit den historischen Figuren selbst ist Meyer gut umgegangen; zwar nimmt er sich einige Freiheiten, auf die er auch im Nachwort kurz eingeht, doch die Charaktere sind klar erkennbar und ich fand ihre Interaktionen und Gespräche über Literatur und ähnliche Themen sehr faszinierend. Schön war auch, dass es für mich glaubwürdig wirkte, dass die Gebrüder Grimm versuchen, einen Fall zu lösen; der Autor hat es geschafft, sie so zu involvieren, dass es für mich nachvollziehbar war.

Die Handlung selbst war sehr wendungsreich und es gibt einige falsche Fährten, denen man gemeinsam mit den Protagonisten folgt und die mich alle überzeugt hätten. Die Motivationen verschiedener Charaktere sind unklar und es ist spannend zu versuchen, hinter all die Geheimnisse und Rätsel zu kommen. Allerdings muss ich sagen, dass die Geschichte gegen Ende ein wenig zu verworren war und die eigentliche Auflösung mir zu schnell ging. Ich hätte hier gerne noch mehr Details gehabt und dafür auf die Liebesgeschichte verzichtet, die mich leider nicht richtig überzeugen konnte. Dafür fand ich die Atmosphäre gelungen, die der Autor fast das ganze Buch über aufrecht erhält - obwohl ich "Die Geisterseher" nicht als 'unheimlichen Roman' bezeichnen würde, gibt es doch einige packende, fesselnde und auch etwas gespenstische Szenen.

Von mir bekommt das Buch 3,5/5 Sternen. Es konnte mich von Anfang an fesseln, wurde mir aber nach einer Weile zu unübersichtlich und ich hätte mir gewünscht, dass der Schluss ausführlicher behandelt worden wäre. Trotzdem hat es mich gut unterhalten.