Rezension

Von einem der auszog, Uhren zu bauen

Cox
von Christoph Ransmayr

Bewertet mit 3 Sternen

„Cox, oder der Lauf der Zeit“. Das ist der Titel und das trifft den Kern des Buches. Selten war ein Titel so aussagekräftig, eigentlich sagt es schon alles, was es über dieses Buch zu sagen gibt.

Alister Cox ist der berühmteste Uhrmacher Englands, was sag ich, der Welt. Was er nicht schafft, schafft niemand und deshalb wird er von Qiánlóng, dem Allmächtigen, Unbesiegbaren, erhabenen Herrn der zehntausend Jahre, dem Kaiser von China eingeladen. Die erlesensten aller Dinge sind für Qiánlóng nicht gut genug. Ihm steht der Sinn nach Wundersamen. Wie wäre es denn, wenn man eine Uhr hätte, die die Zeit individuell anzeigen könnte? Für ein Kind verfliegen die Stunden beim Spiel, beim Warten auf den Geburtstag dauert es ewig. Kann das eine Uhr darstellen und uns die Kindheit vor Augen führen?

Das ist ein hübsches Gedankenexperiment, wenn auch die Aussage schnell abgehandelt ist. Es ist auch noch ganz interessant zu sehen, in welchen Bildern Cox die unterschiedlichsten Aspekte des Themas inszeniert. Aber dann, ganz bald, sollte die Wunderuhr schon mal ticken. Immerhin ist Cox am Werk. Aber es dauert, bis man alle Details ausreichend gewürdigt hat, sie müssen ersonnen, gemeißelt, ausgeschmückt, bewundert, bestaunt und von allen Seiten betrachtet werden. Und hat man das, wünscht sich der Erhabene eine noch viel wundersamere Uhr. 

Das ist schön und poetisch, philosophisch und ersprießlich, der Stoff aus dem die Träume sind, der aber kein Buch trägt. Christoph Ransmayr kann schreiben, hat Humor und ein sensibles Gespür für das Ambiente. Hier hat er ein wenig die Geschichte im Ambiente verloren und über der hübschen Idee vergessen, dass in einem Roman auch etwas passieren sollte. Cox baut Uhren und sinniert ständig über seine Genialität und seine aktuelle Aufgabe. Dabei schafft er es, wirklich alles mit dem Tod seine Tochter Alison ich Verbindung zu bringen. Er trauert sehr und es tut mir auch leid, aber ab und an sind seine Schlussfolgerungen schon recht abenteuerlich, zum Ende hin sogar wahnwitzig. Das hätte diesem Buch fast den dritten Stern gekostet.
Zwischendurch blitzt gelegentlich ein Zipfel chinesische Geschichte des 18. Jahrhunderts auf, zeigt dass durchaus Köpfe rollen, wenn der Erhabene nicht zufrieden ist, Grausamkeit, Willkür, Größenwahn werden angedeutet aber nur beiläufig, als lakonische Randbemerkung. Wir bauen lieber Uhren, als zu versuchen das Land zu sehen, das wir bereisen. Sehr schade, das hätte wirklich spannend sein können.

Von diesem Buch hatte ich mir viel versprochen, fand es dann aber leider weitschweifig und handlungsarm, eigentlich nur das Gerüst für ein paar mäßig spannende philosophische Gedanken. 
Schade.