Rezension

Von Harpyien, Bestimmung, Freundschaft und Liebe - wundervolles Debut mit toller Mythologie!

Harpyienblut - Daniela Ohms

Harpyienblut
von Daniela Ohms

Inhalt
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Lucie ist kein gewöhnliches Mädchen, sie verbirgt Flügel mit einer Spannweite von 6 Metern in ihrem Rücken. In der Öffentlichkeit muss sie deshalb eine Binde tragen, um ihre Flügel unter Kontrolle zu halten. Die Ausrede sind schwere Verbrennungen, denn niemand darf wissen, was Lucie wirklich ist.
Sie selbst weiß nur, dass ihre Mutter eine Art Vogel war und sie wohl nur Hälfte menschlich ist. Sergej aus ihrem Volleyballteam scheint mehr darüber zu wissen, doch er hält nicht viel von Antworten. In der Nacht wird sie von einem Schmetterlingsjungen beobachtet, denn es ist Lucies wahre Bestimmung die Seele toter Kinder abzuholen. Wird sie ihre Menschlichkeit vollständig verlieren?

Mein Eindruck
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Selten habe ich in einem Debütroman so eine fantastische Idee und zugleich auch gelungene Umsetzung erlebt. Zu Beginn lernt man Lucie kennen und findet gleich bei einem Volleyballspiel heraus wie sehr sie sich von gewöhnlichen Menschen unterscheidet. Sie ist unheimlich leicht und kann dementsprechend hoch springen und muss immer darauf achten sich nicht zu verraten. Nach und nach werden die restlichen Charaktere eingeführt, ihre beste Freundin Emilia, der verschlossene Sergej und der Schmetterlingsjunge Jean. An passenden Stellen wechselt die Erzählperspektive, erzählt wird immer in der dritten Person.

Vielleicht wird sich der ein oder andere beklagen, man wäre gerne noch näher an den Charakteren dran und hätte sich eine "Ich-Perspektive" gewünscht. Ich bin ehrlich gesagt sehr froh über das bisschen Distanz gewesen, denn mir ist Lucies Geschichte sehr nahgegangen. Ihre Bestimmung, wie im Klapptext und meiner Inhaltszusammenfassung schon hervorgeht, ist es die Seele toter Kinder abzuholen. Doch Kinder sterben nicht eines natürlichen Todes. Sie sterben bei Unfällen, an Krankheiten oder werden ermordet. Die Autorin geht hierbei nicht weit ins Detail, doch vermittelt eine berührende und traurige Atmosphäre und so wie Lucie, denkt sich der Leser bald, wer entscheidet über Leben und Tod?

Eindrucksvoll wird mit diesem ernsthaften Thema umgegangen. Frau Ohms liefert dabei verschiedene Mythen mit eigenen eingeflogenen Ideen. Ich möchte an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, Lucie findet selbst im Buch mehr und mehr heraus. Sei es durch eigene (schmerzhafte) Erfahrungen oder Berichte des erfahrenen Jeans. Trotz der traurigen Präsenz des allgegenwärtigen Todes, schafft es die Autorin eine Reihe von Gefühlen zu vermitteln. Lucie fühlt, liebt und begehrt wie jeder andere Mensch. Ihre Freunde sind ihr eine große Stütze, ich fand den Zusammenhalt trotz Konflikte außerordentlich bewundernswert. Die Autorin schafft es die Beziehungen glaubhaft und nachvollziehbar zu vermitteln.

Mein größter Kritikpunkt ist, dass die Autorin (für mich) den Spannungsbogen und das hohe Niveau nicht durchgehend halten konnte. Der Plot weist einige wenige Durchhänger auf und konnte mich nicht zu 100% überzeugen. Vor allem im letzten Drittel sind die Handlungsabfolgen zudem etwas verworren und nicht immer leicht zu folgen. Ansonsten habe ich dieses einfühlsame, mitreißende und sehr bewegende Abenteuer genossen!

Fazit
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"Harypienblut" ging mir tief unter die Haut und ich musste beim Lesen inne halten um mich wieder zu sammeln. Schicksal, Bestimmung und Tod sind dabei ein großes Thema und sicherlich nicht leichte Kost für jedermann. Die Mythologie und Charaktere überzeugen, der Plot schwächelte leider im letzten Drittel, doch insgesamt bin ich wirklich zufrieden mit Daniela Ohms Debüt. Ich freue mich auf weitere Bücher von ihr!

Überzeugendes Debüt!
4,0 von 5