Rezension

Wahrheit oder Lüge

Die erstaunliche Familie Telemachus - Daryl Gregory

Die erstaunliche Familie Telemachus
von Daryl Gregory

Der 14jährige Mattys beobachtet heimlich seine zwei Jahre ältere Cousine Mary Alice und hat dabei seine erste Außerkörperliche Erfahrung, das heißt, er kann aus seinem Körper heraustreten.
Mit dieser Begabung erweist er sich als echter Telemachus, denn sämtliche Mitglieder der Familie haben eine außergewöhnliche Gabe. Oder??? Das immer top gekleidete Familienoberhaupt Teddy jedenfalls scheint ein gerissener Trickser und Falschspieler zu sein. Und doch ist er reich, obwohl er in seinem ganzen Leben nicht gearbeitet hat.

Sein Sohn Frankie hat es mit seinen telekinetischen Fähigkeiten offenkundig nicht zu Reichtum gebracht. Dies war der Junge, der alles wollte und nicht wusste wie er es bekam, so beschreibt ihn Teddy.Irene, Mattys Mutter, ist mit ihrem Talent, zu erkennen, was Wahrheit oder Lüge ist, auch nicht glücklich geworden. Im Gegenteil, es hat ihren gutbezahlten Job gekostet. Buddy konnte als kleiner Junge Spielergebnisse vorhersagen, jetzt hat er nur noch wirre Gedanken im Kopf, lebt auf einem anderen Planeten, ist ein schweigsamer Eigenbrötler, der an seinen Projekten arbeitet, die er anfängt und nicht zu Ende bringt.

Das größte Talent in der Familie besaß wohl Teddys Frau Maureen. Sie war hellsichtig und arbeitete in geheimer Mission für die Regierung, verstarb allerdings bereits mit 31 Jahren.

Die Familie Telemachus hätte es zu Reichtum und Ruhm bringen können, hätte „der sagenhafte Archibald“ nicht ihren Auftritt in der Mike Douglas Show in den siebziger Jahren ruiniert, dieser Meinung ist jedenfalls Frankie.

Nun bekommt Teddy ominöse Briefe, die er heimlich in seinem Safe im Wandschrank verschwinden lässt. Sind sie von Maureen??? Lebt sie evtl. doch noch???

Meine Meinung:

Die Protagonisten sind alle herrlich skurril gezeichnet. Die erstaunliche Familie Telemachus ist wirklich eine erstaunliche Familie. Der Schreibstil ist gut lesebar und flüssig. Jedes Kapitel ist aus der Perspektive eines anderen Telemachus geschrieben. Dadurch erfahren wir auch etwas über die persönlichen Erlebnisse und Anschauungen der einzelnen Familienmitglieder und nehmen Anteil an deren Emotionen. Alle leiden noch immer unter dem Tod von Maureen, hadern mit ihrem Schicksal und können ihre übersinnlichen Fähigkeiten nicht sinnvoll oder gar gewinnbringend einsetzen. Irgendwie sind sie alle am Leben gescheitert. Meine Lieblingsfigur war Irene. Irgendwo hieß es: Was wusste Irene eigentlich nicht? Auf Irene konnte man sich verlassen. Sie war die offizielle Erwachsene im Haus. Sie musste nach Mos Tod viel zu schnell erwachsen werden und die Rolle der Mutter übernehmen.

Und dabei wünschte sich Irene nichts sehnlicher als normal zu sein. Irene wollte bereits als Kind, dass sie keine Erstaunliche Familie Telemachus“ waren, sie wollte sein wie alle anderen. Ihr Beispiel zeigt, wie schlimm es tatsächlich ist, mit so einer Gabe zu leben und immer zu wissen, wann jemand lügt. Auf Dauer ist das bestimmt kaum auszuhalten.

Was die den jeweiligen Kapiteln vorangestellten Zeichen bedeuten, habe ich allerdings nicht herausgefunden.

Ich hatte mir das Buch humorvoller vorgestellt. Der Klappentext ist leider irreführend. Ich hatte eine lustige Familiengeschichte erwartet. Es gab vielleicht mal was zum Schmunzeln, aber weit entfernt von lustig.

Mein Fazit: Die Geschichte war trotzdem reizvoll, auch wenn sie mich nicht vollständig überzeugen konnte. Sie hat mir jedoch gezeigt, dass Menschen mit einer herausragenden Gabe nicht unbedingt die glücklicheren Menschen sind.