Rezension

Was bleibt ist die Erinnerung

Als der Regen kam - Urs Augstburger

Als der Regen kam
von Urs Augstburger

Inhalt:

Helen leidet an Alzheimer. Erst als die Krankheit schon weit fortgeschritten ist, traut sich ihr Sohn Mauro, zurück in seine Heimat zu kommen und seine Mutter zu besuchen. Doch Helen reagiert bereits auf niemanden mehr. Das Jugendfest steht an und Mauro macht mit Helen einen Spaziergang. Da scheinen Erinnerungen in Helen aufzukeimen und sie beginnt mit einem unsichtbaren Mann zu tanzen. Mauro ist gerührt und macht sich auf die irritierende Suche nach der einstigen Liebe der Mutter.

Meine Meinung:

Die Geschichte spielt während der Woche des Jugendfestes und wird aus verschiedenen Perspektiven geschildert, die zum Teil so schnell switchen und ineinander übergehen, dass ich bei kurzer Unaufmerksamkeit schon mal gezwungen war, eine Seite zurückzublättern.

Zum einen lernen wir Mauro kennen, ein rastloser Mann, mit einer Schweizer Mutter und einem italienischen Vater, der sich in Mauros Kindheit aus dem Staub gemacht hat. Jahrelang versucht er dessen Weg zu ergründen. Wir erfahren viel über Mauros Jugend, wie schwer er es hatte mit seiner italienischen Abstammung und wir erfahren etwas über eine gescheiterte Liebe, die ihn für sein restliches Leben prägt.

Dann haben wir Johann und Pius, zwei alte Männer, eigentlich die besten Freunde, aber auch Johann plagt das Schicksal einer tragischen Liebe und Pius scheint nicht der zu sein für den er sich ausgibt.

Zuletzt bleibt noch Helen. Bei ihr tauchen wir immer wieder in ihre Gedankenwelt ab, die vor allem zu Beginn wahnsinnig anstrengend zu lesen ist, weil sehr verworren. Doch das gibt sich und der Leser bekommt einen tiefen Einblick in Helens Krankheit und das damit einhergehende Vergessen und gleichzeitig die unzusammenhängenden Erinnerungen an ihre Jugend.

Diese vier Handlungsstränge laufen nebeneinander, man wird immer tiefer in die Geschichte gezogen und in die Gefühlswelt eines jeden Einzelnen, bis sich dann alle langsam nach und nach verweben und ein Gesamtbild ergeben.

Der Stil ist durchgehend sehr melancholisch und irgendwie auch blass, so wie Helens Erinnerungen, die langsam in Asche versinken. Ein bunter Farbtupfer ist Alina, Wahl-Enkelin von Johann, die mit ihrer Direktheit und Lebenslust besticht und Johann immer wieder aus seiner tristen Gedankenwelt rettet. Auch bei Rahel, der Frau mit den schneeweißen Haaren keimt wieder so etwas wie Hoffnung auf, man spürt in der Geschichte endlich mal so etwas wie Glück.

Sehr, sehr schön finde ich auch die Videos auf als-der-regen-kam.de. Zu einigen Kapiteln gibt es da kurze Sequenzen, die sich wunderbar in das Buch integrieren und einem die Geschichte noch einmal etwas näher bringen.

Das Buch ist nichts für „Nebenher“, sondern doch eher schwere Kost, bei der man ab und an doch die grauen Zellen anregen muss. Sehr gefühlvoll und metaphorisch, phasenweise mit feuchten Augen, sehr ruhig und angenehm. Ich habe es wirklich genossen, das Buch zu lesen.

Fazit:
Eine Geschichte über eine tiefgehende Liebe, die alles überdauert, sogar das Vergessen; über (unerfüllte) Hoffnungen, ein Leben auf der Suche; über Intrigen und Verrat und über eine Sehnsucht, die schier unendlich ist.