Rezension

Was für eine Atmosphäre

Der Kreidemann - C. J. Tudor

Der Kreidemann
von C. J. Tudor

Bewertet mit 5 Sternen

Dreißig Jahre ist es her, dass in dem eigentlich sehr beschaulichen Städtchen Alderbury, Südengland, Dinge geschahen, die das Leben einiger verändert hat. Vor allem Edie, der damals erst zwölf Jahre alt war, denkt auch heute noch immer wieder an die Ereignisse zurück. Alles Begann mit einem tragischen Unfall auf der Kirmes, bei dem Eddie ihn kennenlernte, den Kreidemann. Dieser brachte ihn und seine Clique dazu, sich mit Kreide geheime Zeichen zukommen zu lassen. Bis eines Tages die geheimen Zeichen von einem Unbekannten gemalt wurden und diese Zeichen die Kinder zu einer Leiche führten. Doch damals wurde der Kreidemann gefunden, oder? Als sowohl Eddie als auch seine Freunde plötzlich eine Botschaft mit Kreide geschrieben erhalten, sind die Ereignisse von damals wieder lebendig.
Meine Meinung
Das Cover macht, trotz seiner Schlichtheit, sehr schnell neugierig auf den Inhalt und wenn man dann noch liest, was der Autor Lee Child zu dem Buch sagt, muss man es einfach lesen.
Der Einstieg gelang auch schon gleich mit dem Prolog spannend und schockierend und ab diesem Moment hatte mich die Autorin auch schon mit ihrer Geschichte eingefangen. C. J. Tudor schreibt sehr flüssig, sehr einnehmend, dabei aber auch lebendig und geradlinig und die Bilder, die beim Lesen entstehen, wurden hier absolut klar und deutlich. Seien es Beschreibungen der Personen oder der Umgebung, wie z. B. des Waltzers auf der Kirmes, die Autorin schafft es immer die passende Atmosphäre mit Worten lebendig werden zu lassen. Nun war der Prolog hier dann auch wirklich sehr erschreckend, aber keine Sorge, so geht das Buch nicht weiter, denn Der Kreidemann ist eine eher ruhige und nur ab und an blutige Geschichte. Vielmehr wird auch beim Plot eher das Hauptaugenmerk auf die Atmosphäre gelenkt, die teilweise schon recht unheimlich war. Rasant und temporeich ist es eher weniger, aber doch hat diese Geschichte einen ganz eigenen und kaum beschreiblichen Sog. Ich habe hier lange überlegt, wie ich es beschreiben soll, aber auch wenn man das Gefühl hat, das gar nicht viel passiert, ist man doch gebannt, zumindest ging es mir so. Die Autorin hat einfach die Gabe, ihre Kapitel mit dem berühmten Cliffhanger enden zu lassen und diese Cliffhanger baut sie immer ganz geschickt in den Text mit ein. Ich hatte dieses Buch an nur einem Tag verschlungen, so sehr war ich gefangen von dem Geschehen. Es bleibt auch komplett undurchschaubar, was damals wirklich geschah und als Leser kann man hier beinahe permanent miträtseln.
Das Ganze wird von Eddie in der Ich-Form erzählt, so dass der Leser hier hautnah am Geschehen dabei ist. Dabei befinden wir uns aktuell im Jahr 2016, doch durch die Botschaft, die Eddie erhält, werden die Erlebnisse von damals völlig präsent. Somit erfahren wir meist in abwechselnden Kapiteln, was damals wirklich geschah und wie sich all das überhaupt entwickeln konnte. Damals war das Jahr 1986, in dem Jahr war Eddie gerade einmal zwölf. Er lebte in einem kleinen Ort, die Sommerferien waren da und wirklich viel geschah hier nicht. Doch wenn man ganz genau hinschaute, dann spürte man, dass in diesem kleinen Ort so einiges mehr im Argen lag.
Die Charaktere in diesem Buch ließen mich manches Mal innehalten und nachdenken. Auf den ersten Blick meint man, hier typische Kinder eines Dorfes zu beobachten. Aus dem Leben als apätere Erwachsene erfährt man hier am meisten über Eddie. Aber auch die Schicksale der Anderen wird mit eingebunden. Doch Eddie ist und bleibt der Mittelpunkt und je mehr die Geschichte voran schreitet, desto mehr erfährt man auch über ihn. Wenn man Eddie 2016 betrachtet, dann ist er durch und durch ein Langeweiler, Lehrer in Cordhosen, lebt immer noch im Elternhaus und wirkt auch sonst im wahrsten Sinne des Wortes blass. Doch hinter Eddie steckt etwas, dass ich gar nicht in Worte fassen möchte, doch ich war mir bei ihm nie wirklich sicher, was er oder ob er überhaupt etwas verbirgt. Aber so gut wie alle Charaktere haben eine ganz eigene Dramatik und hinter den Fassaden verbirgt sich oft mehr als man vermutet.
Mein Fazit
Das Buch ist anders, als ich erwartet habe, denn das blutige, actionreiche Gemetzel ist hier nicht zu finden. Aber trotzdem hat diese Geschichte es in sich, denn hinter den Fassaden findet man so allerhand, man muss nur etwas genauer hinschauen. Die Atmosphäre, die die Autorin hier entstehen ließ, war wirklich großartig, teilweise sind es unheimliche Momente, teils reale Schrecken, die ihre Wirkung beim Lesen nicht verfehlen. Sie hat es geschafft, mich mit ihren Worten mitten ins Geschehen zu versetzen und dieses lebendig und auch glaubhaft werden zu lassen. Wer Bücher mit sehr viel Atmosphäre und vielen Geheimnissen mag, wird hier absolut auf seine Kosten kommen.