Rezension

Was im Leben fehlt....

Die Schönheit der Nacht - Nina George

Die Schönheit der Nacht
von Nina George

Bewertet mit 3 Sternen

"Letztlich ist jedes Leben, wie es ist, und am Ende weiß man auch nicht, wie man ausgerechnet dahin gelangt ist", sagte Claire laut und konnte nichts dagegen tun, dass sich eine einzige Träne aus ihrem Augenwinkel löste und die Wange hinabrann, leicht und schnell.

Claire und Gilles haben nach aussen hin alles: verheiratet, mit einem Sohn, sie Verhaltensbiologin, er Komponist und liebender Ehe- und Hausmann, das Haus geschmackvoll eingerichtet, zudem ein Ferienhaus am Meer.... und doch fehlt etwas.
Claire hat sich mehr und mehr zurückgezogen,ist wie versteinert und immer auf der Suche nach einem Gefühlskick, nach jemandem, der sie aufrüttelt. Und auch Gilles sucht Trost bei anderen Frauen.

Julie, die neue Freundin ihres Sohnes, ist zwar noch jung, doch auch sie hat das Gefühl, dass ihr etwas fehlt. Das ihr Feuer nicht leidenschaftlich genug brennt.

Bis alle zusammen den Sommer am Meer verbringen. Die beiden Frauen kommen sich näher und decken gegenseitig Gefühle und Geheimnisse auf, die sie doch so sorgfältig vor sich selber versteckt hatten...

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Sperrig!
Ich mag Nina George und ihren so aussagekräftigen, oftmals leicht poetischen Schreibstil. "Die Schönheit der Nacht" ist eine interessante Geschichte, die mich noch lange zum Nachdenken gebracht hat.

Und doch fiel es mir im Mittelteil sehr schwer dranzubleiben, den Schreibstil, auf den man sich einlassen muss, zu geniessen. Das lag eindeutig an den Charakteren.

Anfangs haben mir beide Frauen gefallen; die spröde, unterkühlte Claire, die man näher kennenlernen möchte, von der man einfach wissen will, warum sie so geworden ist und die angepasste Julie, die sogar ihr Talent zum Singen verleugnet, die nicht auffallen möchte, sich nicht traut etwas einzufordern, zu sagen was sie möchte. Eine absolut interessante Konstellation und viel Raum für Entwicklungen, auf die ich gespannt war.

Nur leider wurden mir im Laufe des Buches keine der Beiden wirklich sympathisch. Im Gegenteil, ich mochte Claire mit ihrer sehr Ich-bezogen rüberkommenden Art, der Kompromislossigkeit immer weniger. Ausserdem vermittelte sie mir unterschwellig immer das Gefühl, dass für sie Gilles einen großen Teil der Schuld für ihre Unzufriedenheit trägt.
Es gibt eine Art Feministin und Frauentyp, der mir nicht gefällt und den verkörpert Claire auf den Punkt. Kurzum, ich mochte sie nicht und das machte es schwer, mir die Botschaft, die dieses Buch in sich trägt, zu vermitteln.

Das hat erst der Schluss so wirklich geschafft, der, wie der Beginn, sehr überzeugend war und mich ein klein wenig mit den Figuren versöhnen konnte.
Ob genau so gewollt oder ein bisschen hingerutscht (ich glaube ersteres), die Männer, auch die am Rand, sind in diesem Roman ausnahmslos die, die einfach nur lieben!

Fazit: Ein Roman im typisch französischen, leicht melancholischen Stil und doch von einer deutschen Autorin. Ein Frauenroman, anspruchsvoll, mit einer unsympathischen Hauptfigur und einer jungen Frau, die ihren Weg im Leben sucht.
Nina George konnte mich diesmal nicht vollends mitreissen, schafft es aber trotzdem, dass mir die Geschichte lange nachhängt