Rezension

Was ist ein Menschenleben wert?

Löwen wecken - Ayelet Gundar-Goshen

Löwen wecken
von Ayelet Gundar-Goshen

Bewertet mit 5 Sternen

Der israelische Neurochirurg Etan Grien ist unzufrieden mit seinem Leben. In ein kleineres Krankenhaus mehr oder weniger strafversetzt dümpelt er beruflich vor sich hin. Das gemeinsame Leben mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lässt ihn im Wohlstandverdruss verharren. Als er eines Tages nach Feierabend mit seinem Jeep durch die Wüste rast, überfährt er einen jungen Mann aus Eritrea. Als Flüchtling ist er mit seiner Frau ins Land gekommen. Etan kann nichts mehr tun, kurze Zeit nach dem Zusammenstoß stirbt der Mann. In Panik flieht der Arzt ohne Hilfe zu leisten oder zu holen von der Unfallstelle. Am nächsten Tag steht Sirkit, die Witwe des Opfers, vor Etans Tür. Ihren Mann kann ihr niemand zurückbringen, aber der Neurochirug soll Wiedergutmachung in einem illegalen Hospital leisten und illegale Einwanderer ärztlich betreuen.

Ayelet Gundar-Goshen wirft in ihrem Roman „Löwen wecken“ die Frage nach dem Wert eines Menschlebens auf. Wie hätte ich mich verhalten? Warum muss ich erst in eine extreme Situation kommen, um Menschen, die ums nackte Überleben kämpfen, zu helfen? Der Fokus bleibt stets auf der eigentlichen Fragestellung. Nebenfiguren und –schauplätze sind für mich im Laufe des Romans immer unwirklicher geworden. Schonungslos lässt Gundar-Goshen Etan sich immer weiter aus seinem Leben entfernen, Buße tun und sich gegen seine eigenen Ängste und Bedenken stellen. Das Buch rüttelt auf, verstört und zeigt die Welt von einer Seite, die wir in unseren Breiten auch immer wieder gern verdrängen. Ein tolles Buch!