Rezension

Was Mädchen denken (aus Männersicht)

Das Licht und die Geräusche - Jan Schomburg

Das Licht und die Geräusche
von Jan Schomburg

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich glaube, entweder findet man Jan Schomburgs 'Das Licht und die Geräusche' toll, oder man kann damit nichts anfangen.

Ich gehöre leider zur letzten Kategorie. Ich bin aber auch mal wieder total auf einen irreführenden Klappentext reingefallen. Ich habe mich vor allem von dem Wörtchen 'Island' anlocken lassen und dachte, mich erwartet ein Abenteuere voller Mythen, Natur und Nordlichter, dabei Jugendliche, die zu sich (selbst) finden. Letzteres gab's zum Teil, aber Island spielt überhaupt keine Rolle, ist nur für die letzten ca. 40 Seiten austauschbarer Schauplatz.

Das Buch ist ein großes Selbstgespräch/Tagebuch von Annika, die in Boris verliebt ist, sich aber nicht wagt, in der Richtung einen Schritt zu unternehmen, weil er eine Freundin in Portugal hat. Es geht aber nicht nur um ihre Verliebtheit, Annika beobachtet auch Mobbing/Mißhandlungen unter ihren Mitschülern, hinterfragt deren Verhalten und versucht, wenn auch zögerlich, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch zu äußern.

Das Buch gibt eigentlich sehr gut die inneren Monologe einer heranwachsenden Frau wieder. Worüber frau sich so alles Gedanken macht, mag mann ja manchmal gar nicht glauben. Annika macht sich ziemlich viele Gedanken, die auch durchaus differenziert sind und von einer gewissen Intelligenz und Fähigkeit zum reflektierten Kritisieren zeugen. Eigentlich. Leider nur will Jan Schomburg zu viel. Annikas Gedankengänge sind zuweilen so detailliert und selbsterklärend, dass sie schon fast etwas dümmlich wirkt. Man ist immer wieder versucht, die Augen zu verdrehen und denkt 'Jaha - ist ja gut.'

Ein bisschen sehe ich hier die Problematik, die ich auch manchmal erkenne, wenn deutschsprachige Autoren/Autorinnen den Schauplatz ihrer Handlung nach Amerika verlegen und man trotzdem immer den Eindruck hat, das Buch spielt in einem deutschen Dorf. Jan Schomburg ist ein Mann - warum schreibt er nicht aus der Sicht eines Mannes/Jungens? Er KANN schlichtweg nicht wirklich wissen, wie Frauen/Mädchen ticken und wenn er sein ganzes Buch darauf stützt, dass es die innere Gedankenwelt einer Heranwachsenden wiedergibt, muss es da irgendwie Unstimmigkeiten geben. Bei Kristina Pfister's kürzlich gelesener 'Die Kunst einen Dinosaurier zu falten' hatte ich diesen Eindruck zum Beispiel überhaupt nicht. Schade. Aus der Sicht von Boris wäre das Buch glaube ich viel spannender gewesen. Schließlich gibt es auch noch einige offene Fragen bezüglich seines Verhaltens, die der Roman nicht beantwortet hat.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 04. Juni 2017 um 22:31

Prima Kritik.