Rezension

"Was wäre wenn...?"

Vaterland - Robert Harris

Vaterland
von Robert Harris

Bewertet mit 3.5 Sternen

Robert Harris ist im historischen Fach ebenso zu Hause wie im Genre der Kriminalliteratur. In "Vaterland" verbindet er beides zu einem alternativen Gesellschaftsbild. Das Buch erschien in den 1990er Jahren, ist also nicht mehr druckfrisch, aber im Zuge von Vermes "Er ist wieder da" eine Leseempfehlung für alle, die mehr wollen.

Das "Vaterland" in Harris Gedankenspiel ist das Deutschland der frühen 1960er Jahre nach einem Sieg Hitlers an allen Fronten des Zweiten Weltkrieges. Das Großdeutsche Reich dominiert den Kontinent, Hitlers Geburtstag ist Staatsfeiertag, Speers Erneuerungspläne für Berlin sind in die Tat umgesetzt, die Reichsmark wird in allen Ländern als Einheitswährung akzeptiert, der Kalte Krieg schwellt zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland und Oppositionelle aller Coleur haben es schwer.

So wie Kommisar März. Geschieden, politisch nicht aktiv und Schwierigkeiten mit der Befehlskette steht er als "Asozialer" unter ständiger Beobachtung der Partei. Als er eines Abends als Vertretung für einen Kollegen an den Schwanenwerder See gerufen wird, wo ein wichtiges Parteimitglied ertrunken aus dem Wasser gezogen daliegt und die SS die Ermittlungen an sich nimmt, ist seine Neugier geweckt. Gegen alle Vernunft ermittelt er weiter. Er stellt Fragen, die er nicht stellen darf, stolpert über Gerüchte und findet dabei Antworten, die eine andere Wahrheit erzählen.

"Vaterland" erzählt die Geschichte eines "Was wäre wenn?" so unaufgeregt, so nüchtern, so möglich und ist dadurch umso eindringlicher. Ein Buch, das nachwirkt.