Rezension

Was will man mehr?!

Ich fürchte mich nicht
von Tahereh Mafi

Bewertet mit 5 Sternen

Ich fürchte mich nicht. - Nicht ich fürchte mich. - Mich fürchte ich nicht. - Diese 4 Worte, die 3 Sätze bilden können ergeben 1 Titel für ein Buch, von dem ich schon im Voraus viel gehört hatte. Viele sagten, man müsse den Schreibstil mögen, um das Buch zu lieben und ich gebe zu, wenn ich dieses Buch mit nur einem Wort beschreiben dürfte, dann würde ich das Wort einzigartig wählen.

>>Hoffnung ist eine Tasche voller Möglichkeiten. Ich halte die Hoffnung in der Hand.<< (S.98)

In dieser Geschichte geht es um Juliette, die seit 264 Tagen in eine Zelle eingesperrt ist und dort vor sich dahinvegitiert, denn leben kann man das nicht bezeichnen. Doch eines Tages bekommt sie einen Zellgenossen und ab da an ändert sich Juliettes Leben schlagartig, denn sie ist nicht ohne Grund eingesperrt. Niemand darf sie berühren.  Doch ihr Zellgenosse ist anders als alle, die sie bis dahin kannte. Er lässt in ihr den Wunsch aufkommen sie zu berühren - bis sie erfährt, dass er ein Spion ist und eigentlich ihr Feind sein müsste...

>>Der Vogel wird weiß sein und goldene Federn auf dem Kopf haben wie eine Krone. Er wird fliegen.<< (S.34)

Die ersten Seiten dieses Buches waren für mich verstörend und doch wunderschön zugleich. So einen Schreibstil habe ich in all der Zeit, in der ich nun schon Bücher lese, noch nie gelesen - ja fast schön gespürt. Tahereh Mafi ist in meinen Augen eine Künstlerin, die die einzigartige Gabe besitzt, Menschen mit ihren Worten die Geschichte ihrer Protagonistin leben zu lassen. Die Art und Weise, wie die Autorin schreibt lässt den Leser in die Gestalt der Juliette schlüpfen. Sie lässt ihn durch Juliettes Gedanken, die verwirrend, verstörend und doch so klar sind die Geschichte mal auf eine ganz andere Betrachtungsweise erleben.

>>Ich möchte mit dieser Faust, die an meinem Handgelenk befestigt ist, das Fenster durchstoßen.
Um etwas zu spüren.
Um mich menschlich zu fühlen.<< (S.32)

Juliette lernt man am Anfang nur durch ihre Gedanken kennen, sie sind düster und passen sich so Juliettes Vergangenheit an. Oftmals sind die Sätze aber auch durchgestrichen, was darauf schließen lässt, dass sie diese Gedanken nicht zulassen möchte, sie verdrängen möchte. Doch im Laufe der Geschichte wird sowohl Juliette, als auch der Schreibstil klarer, der Leser erfährt endlich mehr über die Protagonistin, die trotzdem vom ersten Moment an unglaublich tapfer wirkt. Juliette ist gezeichnet von Schmerzen. Schmerzen die ihr andere durch Worte oder Taten zugefügt haben. Schmerzen, die ihr ihre eigenen Gedanken verursachen.

>>Ich trete einen Schritt nach hinten, und 10000 Teilchen zersplittern zwischen uns. 
Adam senkt den Blick. Wendet sich ab. Atmet tief ein. 
5 Finger ballen sich zögernd zur Faust.<< (S.64)

Adam hingegen ist ein Charakter, den man glaubt von Anfang an zu durchschauen. Er sieht gut aus, ist durchtrainiert, tätowiert - eben der typische Soldat. Man glaubt einen Charakter vor sich zu haben, dem alles andere außer sich selbst egal ist, der andere Leute hintergeht und betrügt. Doch oftmals ist nichts so, wie es scheint. Oftmals müssten diese Menschen dein Feind sein, obwohl sie es nicht sind...

Diese Geschichte war für mich wirklich ein außergewöhnliches und einzigartiges Leseelebnis. Oftmals war ich regelrecht fassungslos darüber, welche Gefühle und Gedanken der Schreibstil von Tahereh Mafi in mir auslöste. Für mich ist klar, dass ich unbedingt wissen muss, wie die Geschichte von Juliette, einer außergewöhnlichen Kämpferin, weitergeht.

>>Ich bin wie ausgeknockt. Betäubt, im Nichts, für immer gefühllos.
Ich bin ein Flüstern, das es nie gab.<< (S.52)