Rezension

Was will uns die Autorin damit sagen?

Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele - Suzanne Collins

Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele
von Suzanne Collins

Bewertet mit 3 Sternen

"Fantasyjugendbuch - na, das kann ja nix für mich sein" dachte ich mir, als mir eine Freundin vor längerer Zeit von den Tributen von Panem erzählte.

Generell schrecken mich verwunschene, mystifizierte, zaubernde, kämpfende, allzu liebreizende doch trotzdem jegliche Situation meisternde Jugendliche und Kinder in Büchern eher ab, als dass sie mich anziehen (besonders Vampire oder kleine Zauberer liegen weit jenseits meiner Toleranzspanne) - ich muss also gestehen, dass ich vorbelastet bin.

 

Trotzdem wagte ich mich eines umnachteten Moments an den ersten Teil der Trilogie und wurde überascht,

 

Der Stil Suzanne Collins ist äußerst schlicht und demnach fällt ein bloßes "Runterlesen" durchaus einfach. Feinheiten und Nuancen in der Atmosphäre bleiben dadurch zeitweise auf der Strecke, doch gleichzeitig wird durch Collins treibende Sprache die Dynamik der Geschichte erhalten - auch in den Ruhepausen der Handlung. Mit Leichtigkeit lassen sich Jugendbücher finden, die literarisch anspruchsvoller beziehungsweise fordernder geschrieben sind, innerhalb eines Augenblickes jedoch auch welche, die weitaus schlechter sind, was den "guten Durchschnitt" bestätigt.

 

Die Idee, die Panem zu Grunde liegt ist in sofern dystopisch, als dass sie für alle Beteiligten schrecklich und für den Leser bedrohlich wirkt. Eine plausible Begründung der Distriktaufteilung und der Hungerspiele wird jedoch ausgespart, was den Gedanken an eine etwaige Zukunft allerdings verschleiert. Zwar klingen ab und an Gedanken zur Geschichte der Spiele an, doch diese sind so schwammig, als dass man sie getrost beiseite schieben kann, denn wirklich aufgeklärt wird der Leser nicht.

Dies führte dazu, dass sich in mir der Gedanke an reine Fiktion einstellte und der an eine Dystopie in den Hintergrund rückte.

 

Die Figurenzeichnung der Katniss ist grundsätzlich gelungen. Sie verkörpert (zum Glück!) nicht den reinen Typus der Heldin, wie wir ihn zur Genüge aus entsprechenden Vampir-/kleine Zauberer-Geschichten kennen. Zunächst bricht sie mit diesem Klischee und zeigt dem dankbaren Leser ihre harte und schroffe Seite, die zeitweise durch ihre Liebe und Fürsorge zu ihrer kleinen Schwester aufgelockert wird.

Ambivalent ist Katniss dadurch allerdings nicht. Zwar versucht Collins die temporären Sinneswandlungen und Stimmungsveränderungen ihrer Protagonistin so gut wie möglich zu begründen, doch fehlen für meinen Geschmack sowohl eine stärkere Innenansicht als auch detailliertere Hintergründe zur Figur, um Plausibilität zu erzeugen.

Die restlichen Charaktere werden schwächer als Katniss herausgearbeitet, was stellenweise zu unerwarteten Veränderungen im prognostizierten Hndlungsverlauf führt. Nachvollziehbar sind diese Wendungen leider nicht immer.

 

Die tragische Liebesgeschichte zwischen Peeta, Katniss und Gale ist - natürlich - von dramatischen Schwierigkeiten überschattet, was einerseits reizvoll, da brüchig und außeralltäglich, andererseits nervig, da überspitzt und konstruiert, wirkt.

Das selbe gilt auch für die Spiele an sich.

Der Fokus auf die mediale Inszenierung des Schrecklichen, das zu politischen, sowie gesellschaftlichen Zwecken missbraucht wird ist ein schönes und dankbares Motiv, um die Geschichte zu erzählen. Hier werden endlich Parallelen zur Realität ersichtlich, wobei ich nicht weiß, ob jeder 15jährige Leser diesen Bogen spannen kann.

Leider fügt sich Collins hier ihrer eigens erhobenen Anklage. Anstatt den Blick weiter aufs Geschehen und die gesellschaftlichen Umstände zu legen werden Kleiderwahl und optischen Ausstaffierung der Kämpfer bis ins kleinste Detail beschrieben und ausgeleuchtet. Jedes noch so unbedeutende Accessoir wird herausgehoben, jede noch so unbedeutende Verschönerung Katniss betrachtet. Zu viel für meinen Geschmack - sollte doch der Fokus hier eben nicht auf der öffentlichen Wirkung des Mädchens liegen, sondern auf ihrem Inneren, auf dem was sie ausmacht, denn sie kämpft doch für die Freiheit und Emanzipation vom System der Unterdrückung und Oberflächlichkeit.

Ich bin hin und hergerissen zwischen der Interpretation, dass genau das den Unsinn Panems und unserer medialen Welt überspitzen und damit bloßstellen soll und dem Gedanken, dass Collins ihrem Negativmotivs aufgrund massentauglichkeit (für jugendliche Mädchen und die die es immer sein wollen geschrieben) zum Opfer fiel.

Trotzdem eine spannende und mitreißende Geschichte!