Rezension

Weckt falsche Erwartungen

Jack
von Anthony McCarten

Bewertet mit 3 Sternen

Diese Buch hat bei mir Erwartungen geweckt, die es leider nicht erfüllt hat. Ich dachte an eine wilde (Erinnerungs-)Reise durch das Amerika der 50er Jahre. Ich dachte an einen Autor, der sich an seine Golden Zeiten erinnert und vielleicht seinen Absturz resümiert. An einen Kampf um die Wahrheit zwischen gealtertem Autor und junger Biografin. All das gab es leider nicht.

Ich glaube, das was ich erwartet habe, finde ich eher in Kerouacs eigenen Romanen. Er beschreibt ja in Unterwegs die damalige Zeit und sein damaliges Leben. Diese Geschichte einfach in einer Neuauflage quasi nochmal zu schreiben, geht nicht. Das ist klar. Aber ich habe mir schon mehr Beat-Generation erwartet (das ständige „Alan Ginsberg“ Namedropping zählt nicht!!!), mehr und lebendigere Rückblicke, mehr als nur die Infos zu verwursten, die ich auch im Wikipediaartikel über Kerouac finde, mehr Musik, mehr Jazz, Hippies, mehr Leben! Stattdessen sitzt der alkoholkranke Autor fast ausschließlich in seinem versifften Wohnzimmer und lässt sich von der schwer greifbaren Studentin Jan bauchpinseln.

Jack ist eher ein Verwirrspiel mit Identitäten. Die Suche nach dem Ich mit Charaktern, die ihrer Verlorenheit nachhängen. Es ist definitiv nicht schlecht geschrieben. Es liest sich flüssig, und ich habe mit den Wendungen, die die Geschichte nimmt nicht gerechnet. Aber irgendwie fehlte das Herzblut. Mir hat der Roman große Lust gemacht Unterwegs zu lesen. Kerouacs größten Erfolg. Das kommt meinen Erwartungen sicher näher, kann aber letztlich nicht der Sinn der Sache sein.

Auch gab es einige Unstimmigkeiten, die mich zusammen genommen sehr gestört haben. Unter anderem Kleinigkeiten wie einen Tippfehler auf Seite 83 (war statt was) oder die Erwähnung des Todes einer Schwester, von der vorher nie die Rede war. Aber auch massive Fehler, wie auf Seite 46: „Ich dachte daran, wie alt er war – gerade mal 54.“ Seltsam, da erst ein paar Seiten vorher sein Tod mit 47 erwähnt wurde...

Kerouac fand ich eigentlich einen interessanten Charakter. Er war lebendig beschrieben und einfach interessant. Jan hingegen habe ich nicht zu fassen bekommen. Obwohl sie die Erzählerin ist, wirkt sie blass und nicht sonderlich sympathisch.

Alles in allem habe ich wohl einfach etwas anderes, von diesem Buch erwartet. Ich setze meine Hoffnungen jetzt in Unterwegs und empfehle jedem, der eine tolle Autor/Fan-Geschichte lesen möchte wärmstens Die Germanistin von Patricia Dunker.