Rezension

Wegbereiterin der Short Stories

The Garden Party, and Other Stories - Katherine Mansfield

The Garden Party, and Other Stories
von Katherine Mansfield

Bewertet mit 3 Sternen

Katherine Mansfield (1888 - 1923) gilt als Bahnbrecherin der 'weiblichen Literatur' (was immer das sein soll), die in ihren sensiblen Frauenportäts die sexuellen Ängste der Frauen enthüllt. In ihrer Kurzgeschichtensammlung 'The Garden Party and other Stories' kann ich das so nicht bestätigen.

Das Buch enthält einige Kurzgeschichten, zwei davon sind in mehrere Kapitel eingeteilt. Die Kurzgeschichten beschreiben unterschiedliche Alltagssituationen von Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Meist handelt es sich dabei um Frauen 'aus gutem Hause', aus der gehobenen Mittel- oder Oberschicht. Die Schilderungen sind impressionistisch - schön, emotional, romantisch, 'fließend'. Je nachdem, welche Situation beschrieben wird, ist das aber sehr langweilig zu lesen. Spannung gibt es in diesem Buch nicht.

Laut Literaturkritik kritisiert Mansfield in ihren Werken die Geschlechterrollen. Falls ihre Darstellungen von verwöhnten, eingebildeten, naiven, unsensiblen Damen kritisch gemeint ist (und nicht nur beobachtend), kritisiert sie allenfalls das weibliche Geschlecht. Die in den Geschichten auftauchenden Männer sind eigentlich durchweg die Dummen, die von den Frauen nicht ernst genommen werden und deren bedingungslose Liebe nicht erwiedert, sondern allenfalls belächelt wird. Das kann natürlich auch Kritik am Mann sein, aber die läuft für mich ins Leere, weil die Männer in Mansfields Werk nur die passiven Charaktere sind. Hat man vor Augen, wie unorthodox Katherine Mansfield selbst gelebt hat (unverheiratet schwanger, Verlobten in der Hochzeitsnacht verlassen, zuletzt ständig in Geldnöten und ihren späteren Mann zugunsten einer Frau quasi verlassen), fällt es mir schwer, zu beurteilen, wie viel Kritik wirklich in ihren Werken steckt. Den fehlenden Respekt vor Männern und klassischen Liebesbeziehungen hat sie wohl mit ihren Protagonistinnen geteilt. Sexuelle Ängste kann ich hier auf jeden Fall nicht erkennen. Eher das Gegenteil. Ob Mansfield, wie ihre Protagonistinnen, ihre Geburts-Privilegien ebenfalls für selbstverständlich nahm und sich weder über die finanziellen noch emotionalen Auswirkungen ihrer Taten Gedanken machte, vermag ich nicht zu beurteilen. Kritisiert sie die Unreflektiertheit ihrer Charaktere oder teilt sie deren Sorgen? Das kann ich nach der Lektüre nicht sagen. Dass sie aber in ihrem Buch lediglich zwei Geschichten aus der Sicht einer Frau der unteren Gesellschaftsschichten aufführt und diese auch noch über die Maßen 'leidend' und benachteiligt darstellt, las sich in meinen Augen herablassend und überheblich. Gerade so, als hätte sie sie nur als Alibi geschrieben, weil sich das für eine kritische Schriftstellerin so gehört.

Dass Mansfield mit ihren Werken das Genre Short Story geprägt hat, kann ich gut nachvollziehen. Es sind stimmungsvolle, atmosphärische Augenblicksimpressionen, allerdings teilweise extrem handlungsarm. Die enthaltene Gesellschaftskritik ist sehr leise und kann auch missverstanden oder überlesen werden.